Camper Van Beethoven – Tusk
Die Geschichte ist absolut filmreif: Im Frühjahr 1986, als Camper Van Beethoven noch kauzige Anarcho-Musiker mit Indie-Deal waren, wurde die Truppe bei einem Ausflug ins Skigebiet Mammoth eingeschneit. Einzige Unterhaltungsmöglichkeit während des mehrtägigen Dramas: ein 4-Track-Recorder und eine Schallplattensammlung, die u. a. aus Fleetwood Macs ’79-er Tusk bestand. Und weil ihnen langweilig und kalt war, haben sie das Doppelalbum kurzerhand neu aufgenommen – in typischer Camper Van-Manier: als LoFi-Country-Rocker. Ein Schenkelklopfer ersten Grades, der für starke interne Spannungen innerhalb der Band sorgte (einige fanden es toll, andere wiederum nicht) und dann in einer Kiste mit Demos verstaubte, die Gitarrist Greg Lisher bei seinen Eltern aufbewahrte. Bis er sie im Februar 2000 wieder – und das Ergebnis großartig fand – genau wie der Rest der inzwischen wieder vereinigten Truppe. Also entschied man sich dafür, die beschädigten Bänder zu überarbeiten. Das Ergebnis ist genial: Mit Banjo, Fidel, Gitarre, Klavier, Tambourin, Fingerschnippen, Fußstampfen, Pfeifen, Dudelsack und David Lowerys exaltiertem Schreigesang wird der Mainstream-Meilenstein der Damen und Herren Mac in Grund und Boden gespielt – anarchisch, komisch und kreativ. Dem sterilen Sound des Originals stellen Lowery, Segel, Lisher, Krummenacher und Pederson (der mit gebrochenem Arm trommelte) einen kruden Mix aus Parodie und Hommage entgegen, der frei improvisiert, betont rustikal und absolut wahnwitzig ist. Bis zum bitteren Ende. Stellt sich die Frage, wie wohl Mick Fleetwood und Stevie Nicks über die Dub-Version von „Brown Eyes“, den Schrammel-Stomper „Never Make My Cry“ oder die Krautrock-Ausgabe des Titelstücks denken? Wahrscheinlich sind sie entsetzt – oder sie rächen sich mit einem Cover-Album von Camper Van Beethovens Telephone Free Landscape Victory. Aber das wäre wahrscheinlich zu viel verlangt…
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