Cass McCombs

Mangy Love

Anti/Indigo

Mein Leben als Schuh: Der US-Singer/Songwriter switcht von AOR und Easy Listening zum lockeren Funk-Shuffle.

„I’m a shoe and so are you“, singt Cass McCombs im letzten Song seines neuen, mittlerweile auch schon achten Studio­albums, und wer mag, versteht das als einen Link zum Reisetagebuch des umtriebigen Folk-Nomaden, der 1977 im kalifornischen Concord zur Welt kam. Es gibt wohl kaum jemanden unter den aktuellen Singer/Songwritern, der so viele Tourkilometer und so viele Liveauf­tritte hinlegt; auf dem Primavera-Festival in Barcelona gab McCombs im Juni dieses Jahres gleich drei Auftritte auf verschiedenen Bühnen. Dass er inmitten all dieser Reiserei auch noch Platten aufnimmt, ist eher überraschend.

Nach dem durchaus stürmischen Doppelalbum BIG WHEEL & OTHERS aus dem Jahr 2013 und der Compilation A FOLK SET APART von 2015 kommt MANGY LOVE nun so etwas wie die Rolle eines Zwischenstopps zu: der Sänger und Songschreiber im Zustand des Relaxierens, des Bilanzierens. McCombs hat sich ein paar größere soziale und politische Themen zur Brust genommen, um sie auf seine Art zu verstoffwechseln – mit schmeichelnder Stimme und kreisenden Gitarrenglissandi.

„Bum Bum Bum“ zu Beginn dieses Albums ist der Leadsong unter den Leise- und Langsamtretern, „Laughter Is The Best Medicine“ steht als AOR-Ballade mit Saxofon, Querflöte und Mundorgel nicht weit davon entfernt, bei „Opposite House“ findet McCombs Unterstützung durch die Indie-Rock-Durchstarterin der Stunde aus St. Louis, Missouri, Angel Olsen, und sanft wogenden Easy-Listening-Streichern. In „Medusas Outhouse“ kommt er dem puerilen Singsang des frühen Neil Young plötzlich sehr nahe, die Steel Guitar malt die Wölkchen am Himmel über dem Göttermeer dazu.

Wer dieses Album schon als gepflegte Beschallung zum Wochenend-Chill-out rubriziert hat, wird dann doch noch auf die Reise geschickt; McCombs kann, das demonstriert er in jeder Live-Show, auch anders. Wie schon auf vergangenen Alben verlässt er das Americana-Revier, um in Jazz- und Funk-Outfits neue Erzählweisen zu erkunden. Mit „Run Sister Run“ hat er jetzt einen lockeren Funk-Shuffle im Programm – und eine klare Ansage gegen ein frauenfeindliches Rechtssystem: „Justice is blind and a woman to boot. These boots are made for marching and that’s justice too“. In „It“ kommt ein Opernchor zum Einsatz und in „I’m A Shoe“ kriegt er noch einmal den ganz großen melancholischen Songbogen hin. Der Tempomat ist aktiviert – wir begeben uns auf einen schönen Fußmarsch bei bestem Wetter.