David Axelrod Sechs Re-Releases
David Axelrod ist 67 Jahre alt, durch mehrere Schlaganfälle gehbehindert, noch immer ein Weiberheld alter Schule, Kettenraucher und ehemaliger Koksdauerkonsument – kurzum, der Mann ist ein Unikat. Sein weltweit wenig beachtetes und seit Jahren so gut wie komplett gestrichenes CEuvre mit dem signifikanten Sound – funky Rhythm-Section, ätherische Chöre, opulente Streicher und drahtige Bläsersätze diente in den vergangenen Jahren nippen Zeitgenossen wie Josh Davis aka DJ Shadow, Lauryn Hill, Dr. Dre und The Beatnuts als Samplequetle. DJ Shadows Brötchengeber, Mo’Wax-Chef James Lavelle, ermöglichte es Axelrod sogar vor zwei Jahren, ein neues Album einzuspielen. Irgendwann kam auch die gute alte Tante EMI auf den Trichter, dass in ihren Archiven diverse Axelrod-Werke ruhen müssen. Flugs gruben gewiefte Marketing-Recken vier für das Stateside-Label eingespielte Originale aus, versahen sie mit Linernotes und stellten zwei Sampler mit diversen Produktionen Axelrods zusammen.
Relativ ähnlich in Klangästhetik und Instrumentierung tönen die ersten beiden Alben, songs of innocence von 1968 und das ein Jahr später veröffentlichte songs of experience. Unter der musikalischen Leitung von Jazz-Legende Don Randi wurde hier Songperle an Songperle gereiht: vom üppig orchestrierten Pop über Blaxploitation-Scopes und drogengeschwängerte Hippiesounds bis hin zu Bacharachschen Wohlklängen – ein Fest für Recycling-Fetischisten im Samplewahn und Easy-Listening-Apologeten. Im Studio assistierten Bass-Lady Carol Kaye (Beach Boys], Schlagzeuger Earl Palmer und der mittlerweile verstorbene Ausnahme-Gitarrist Howard Roberts. Wesentlich ambitionierter erprobte sich Axelrod um 1969/70 mit seinem biblisch inspirierten, in zwei jeweils vierteilige Suiten („The Waning Talk“, „The Sign“] gegliederten Konzeptwerk earth rot als früher Kämpfer für den Umweltschutz. Die jazzigen Rhythmusphrasen und mehrstimmigen Chorsätze erteilen Lehrstunden in Sachen dynamisches Zusammenspiel. Ausgesprochen heikel, schwer verdaulich, doch nicht weniger faszinierend ist das monatelang von der Plattenfirma zurückgehaltene düstere Oratorium requiem : the Holocaust. Erst 1993 wurde die in vier Zyklen aufgeteilte, im Stil von Karlheinz Stockhausen, John Cage und Krysztof Penderecki gehaltene dissonante Anklage gegen die Massenvernichtungsmaschinerie der Nazis veröffentlicht.
Eine relativ gute Einführung ins Werk Axelrods vermitteln anthology und anthology. Neben Auszügen aus oben genannten Longplayern finden sich hier auch rare Produktionsbeispiele für Soul-Jazz-Koryphäe Ray Brown, Man From U.N.K.L.E.-Serienstar David McCallum, Spitzenpianist Don Randi sowie halluzinogene Spielereien der Electric Prunes und Jazziges von Julian „Cannonball“ Adderley.
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