Deborah Harry – Necessary Evil
Das letzte richtig Gute, was es von Debbie Harry zu hören gab, war das Blondie-Reunion-Album Exit aus dem Jahr 2001. Mit dem schönen Power Pop-Song „Maria“ gelangte sie sogar als älteste weibliche UK-Chart-Topperin ins „Guinness Buch der Rekorde“. Nun erscheint Harrys erstes Soloalbum seit 14 Jahren. Zunächst einmal ragen mit „Two Times Blue“ und „If I Had You“ zwei tolle Popsongs heraus, die – unfair ausgedrückt – schön nach Blondie klingen. Es ist eben schlichtweg unmöglich, die legendäre Stammband nicht zu Vergleichszwecken heranzuziehen, damit wird Deborah Harry ewig leben müssen-der Schatten eines Lebenswerks. Der Rest der Platte mischt einigermaßen wild und beliebig Elektro-Pop, Funk und sogar HipHop („You’re Too Hot“). Die arme Deborah Harry, eigentlich kann sie es Kritikern und alten Fans nie recht machen: Entweder sie bleibt gefährlich nahe bei Blondie (und erreicht dabei freilich nie deren Qualität). Oder sie probiert Genres aus und verleibt sich Stile ein-was schlimmstenfalls niemand von ihr hören will. Eine solche Betrachtung ist aber nicht nur unfair, sondern auch dumm: Man beraubt sich so der Möglichkeit, einer erzcoolen grand dame dabei zuzuhören, wie sie Pop würdevoll und ohne falsche Gesetztheit ins Alter trägt. Natürlich klingen einige der düster-elektronisch brodelnden Stücke, als wären sie besser zur Untermalung einer New Yorker Modenschau geeignet, als ein Album zu füllen-dann aber wiedergibt sich Frau Harry so zackig und ungezwungen lässig, wie es nur der großen New-Wave-Diva möglich ist: am schönsten zu hören in „School For Scandal“. Auf öde Gediegenheit jedenfalls verzichtet das Album fast völlig. Deborah Harry klingt mit 62 Jahren so selbstverständlich kratzbürstig und popverknallt wie schon lange nicht mehr. Hoffentlich will das auch jemand hören.
www.deborahharry.com
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