Die Doraus und die Marinas – Offenherzige Antworten Auf Bren-Nende Fragen

Nachdem der Reiz der naiven Novität nicht mehr die Hauptattraktion ausmacht, haben die Doraus und die Marinas musikalisch eine ganze Spur angezogen. Auf ihrer Debüt-LP BLUMEN UND NARZISSEN dominierten noch die Synthesizer, während der Sound jetzt erdiger, saftiger geworden ist. Das ist unter anderem ein Verdienst von Mel Jefferson, der schon bei den „Ata-Tak“-Kollegen „Ja Ja Ja“ am Mixer saß.

Die Musik auf dem Zweitwerk ist zudem abwechslungsreicher. Im „Texas“-Song schrammelt ein Banjo im Country-Sound, der relaxte Titel „Zu Spät“, in dem Dorau – anscheinend eins seiner Lieblingsthemen – über erfolglose nächtliche Balzversuche berichtet, kommt mit Akustikgitarre und Querflöte fast südamerikanisch daher. „Guten Morgen“ groovt leisefunky vor sich hin, der Song bietet sich geradezu als Maxi-Auskopplung an.

Andreas Dorau versucht’s in einigen Texten mit philosophischem Tiefsinn („Die Welt ist schlecht, das Leben ist schön, was ist daran nicht zu versteh’n?), besingt vor allem aber seine verschrobene Kinderzimmer-Welt. Es geht um „Feierabend“, nette Ordnungshüter („Adieu mein Polizist“), Phantasien um Sandkörner und singende Satelliten – allesamt moderne Gassenhauer, bei denen es wirklich egal ist, ob Mastermind Dorau sie nun ernst meint oder nicht. Sie erinnern mich an die „Golden Turkey Awards“, mit denen in Hollywood die schlechtesten Filme aller Zeiten ausgezeichnet werden: Viele dieser Streifen werden gerade wegen ihrer Beknacktheit zu gefeierten Klassikern; Hauptsache, es macht Spaß und das gilt bei Dorau allemal.

Der Spaß könnte jedoch noch gesteigert werden, wenn der Rhythmus-Teppich etwas vielseitiger gewebt würde. Vor allem aber ist es eine schlimme Unterlassungs-Sünde, die Marinas nur als Background-Sängerinnen einzusetzen. Sie sind zu Höherem berufen – oder hat der Mini-Sinatra aus Hamburg-Wandsbek schon Konkurrenzangst?