Die Jugend von heute von Joachim Lottmann

1990 habe ich mir Joachim Lottmanns erstes Buch gekauft. Das gab es bei Moewig; und weil es schon so lang im Regal stand, dass es ganz graugelb war, und weil ich mein letztes Moewig-Buch mit zwölf gekauft hatte (Perry Rhodan!) und weil der Reihentitel („literArt“) so doofwitzig klang, habe ich es gekauft und angefangen zu lesen, aber nach 22 Seiten aufgegeben: Es war derart entsetzlich langweilig und leer, dass es nicht ging. Später habe ich erfahren, Lottmann habe mit dem Buch die „Pop-Literatur“ (wo alle Auto fahren und nicht deutsch können und immer Modefirmennamen vorkommen) erfunden; deshalb habe ich von der „Pop-Literatur“ fast nichts gelesen. Seitdem habe ich manchmal von Lottmann gehört: Er habe viele weitere Bücher geschrieben, von denen die wenigsten verlegt wurden, und sei ganz wichtig. Jetzt sieht er aus wie Joachim Lottmann mit 48 (etwas breiter, etwas abgenudelter), und sein neues Buch ist genauso wie das Buch damals: Es passiert nichts, der Erzähler plaudert über dies und das, interessiert sich für nichts und kapiert nichts, und man kann es nicht lesen. Das, sagt Lottmann, liege daran, dass er es ganz schnell schreiben musste, weil sein Verleger das vorgesehene Buch doch nicht veröffentlichen, sondern lieber ein anderes wollte. So einen Verleger (der druckt, was er gar nicht kennt) möchte ich auch haben, denkt man. Oder doch nicht (weil er nicht druckt, was er bestellt hat). Das ist schon alles (abgesehen von einer der ödesten Sexszenen der Literaturgeschichte, die urkomisch sein könnte bei einem Autor, der erzählen kann). Und dabei möchte man Lottmann eigentlich sympathisch finden, weil er vielleicht gar nicht so leer ist wie seine Bücher. Sonst würden doch nicht alle über ihn schreiben? Ich weiß es nicht. Ich überlege, wie ich das Dilemma löse, das Buch zugleich uninteressant und schlecht zu finden. Ach was, ich substrahiere einfach das eine vom anderen.

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