Die Platte des Monats :: Zoot Woman – Zoot Woman (Wall Of Sound/Labels/Virgin)
Zu viel Style für eine „Platte des Monats“? Covergeile, blasse Jüngelchen mit Rougewangen on top. Auweia! Nicht mehr als ein plumper Hype – und der Musikexpress fällt sogar erst auf die zweite Platte rein!? Nur zu gerne würden es sich olle Traditionalisten und von alten Riffs predigende Prinzipienreiter so einfach machen und Zoot Woman ein feistes Rip-Off des synthetischen Pop der achtziger Jahre vorwerfen. Mag ausgerechnet jener nun für besonders verteidigenswert gehalten werden oder nicht. Denn auch das zweite Album des Trios aus Reading tut es schließlich, eignet sich einschlägige Sounds und Momente an von Ultravox bis Visage, Human League bis New Order, aber auch von den Cars über Hall & Oates bis zu Steely Dan.
Zoot Woman will noch mehr Creme und Gloss, alle(s) Oberfläche, Glätte, Linien, kühler Schimmer, schreckt nicht einmal vor Spandau Ballet oder Duran Duran zurück. In letzter, einer allemal beachtenswerten Konsequenz. Doch weil Stuart Price und die Gebrüder Adam und Johnny Blake ihr Tagwerk (oder besser: ihr von Neonlicht durchdrungenes Nachtwerk) so gar nicht zynisch versehen, bei aller Präzision und Cleverness hoch emotional bis gefühlig erledigen, und Sänger Johnny in knabenhafter Unschuld einzig reine Töne trifft und klare, einfache (wenn auch nicht weiter erwähnenswerte) Worte findet, lässt sich Zoot Woman nichts wirklich vorwerfen. Durch und durch bekennende achtziger-Jahre-Platten vorrangig im Sinne von Style und Sound auf einer Höhe mit den „Inhalten“ – fern aller Ironie und Brüche produziert diese Kapelle, so wie es jetzt also ausschaut, am laufenden Band. Voll mit sensiblen Schlagern und Sentimentalitäten. Schön und gut. Doch was macht ausgerechnet Zoot Woman zur „Platte des Monats“, im weiten Feld der Veröffentlichungen all der Ladytrons und Trans Ams dieser Tage, die ihr Handwerk ja auch recht gut verstehen?
Ganz einfach: Zoot Woman erledigen die gestellte Aufgabe in einer songschreiberischen Qualität und melodieerfüllten Hingabe, für die in dem bislang am meisten missverstandenen Jahrzehnt im Pop zumeist ganze Bandkarrieren nicht genügen wollten. Hierbei geht es vielleicht gar nicht so sehr um künstlerische Fähigkeiten als solche (ohne die von Zoot Woman schmälern zu wollen), und ganz und gar nicht um technische Machbarkeit, vielmehr um ein tieferes Verständnis für das erst Jahre später so typisch erscheinende Formenspiel eines eigenen Genres.
Die drei ziemlich jungen Schmeichelbuben haben dieses hörbar verinnerlicht, vermögen mehr nach den Achtzigern zu klingen als jede aus dieser Zeit in die nuller Jahre herüber gerettete Kapelle, die heute um ihr Comeback kämpft. Das neue Album Zoot Woman wirkt dank des konsequenten, sehr ernsthaften Vorgehens sogar noch homogener als das bereits schlüssige und in sich geschlossene Debüt Living In A Magazine. Meint auch: Eine herausragende Single wie „It’s Automatic“ sucht man vergeblich – umgekehrt gibt es unter zehn vorzüglichen, immer leicht melancholischen Songs keinen Pausenfüller. Und weil sich der mit seinem Projekt Les Rhythmes Digitales (House, Big Beats und Electronica trafen die – dreimal darf geraten werden – Achtziger) längst Club-erprobte Produzent und Madonna-Liveshow-Direktor Stuart Price aka Jacques Lu Cont und die Gebrüder Blakes offensichtlich noch mehr Zeit zugestanden haben, Zoot Woman in einen funkelnden, so warmen wie markanten und ungemein effektreichen Sound zu kleiden, der schließlich überhaupt keinen Unterschied mehr zwischen Band und Sequencer macht, gehört dieses Album nicht mehr als ordentlich abgefeiert.
>>> www.zootwoman.com
Discografie:
2001 Living In A Magazine
1997 Zoot Woman (Wall Of Sound/Labels/Virgin)
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