Dissidenten :: Barcelona, Otto Zutz

Bereits seit Wochen ausverkauft war auch das dritte Konzert, das die Dissidenten im Rahmen ihrer Spanien-Tournee gaben. 800 durchgestylte Katalanen drängelten sich im Otto Zutz, der momentan angesagtesten Diskothek Barcelonas und gut und gerne doppelt so viele begehrten auf der (kurzfristig gesperrten) Calle Lincoln vergeblich um Einlaß. Hier im Otto Zutz, einer dreistöckigen, grau getönten ehemaligen Fabrik, in der von Jeffrey Lee Pierce bis Propaganda alles auftritt, was in Spanien einen Namen hat, schafften die Dissidenten endgültig den Durchbruch, nachdem ihre Maxi-Single „Fata Morgana“ von Sevilla bis Barcelona bereits zum unbestrittenen Disco-Hit Nr. 1 avanciert war.

Gelten die Dissidenten in Deutschland bislang noch als Szene-Band mit Insider-Status, so werden sie in Spanien als Popstars gehandelt – und dieser Rolle wurden sie auch durchaus gerecht. Ihr treibender Ethno-Beat geht in die Beine und mit Uve Müllrich (Baß) und Marion Klein (Drums) besitzen die Dissis eine der besten Rhythmusgruppen Deutschlands. El Houssaine Kill spielt dazu sich unmittelbar im Ohr festsetzende Gitarrenmelodien und greift auch schon mal zur Mandoline, während Dr. Hose Sauerbruch (Keyboards) und Friedo Josch (Querflöte und Saxophon) wunderschöne und wunderschön schräge Soli beisteuern.

Im Mittelpunkt einer jeden Dissidenten-Show steht allerdings der Algerier Hamid Baroudi (Gesang und Percussion), der live die meiste Aufmerksamkeit auf sich zieht und am ehesten vielleicht als ein arabischer Mick Jagger bezeichnet werden kann. Leichtfüßig und lasziv tanzt Hamid über die Bühne, und wenn er dann auch noch eine der hübschen kleinen Spanierinnen, die jeweils mit glänzenden Augen davor stehen (und hinterher die Garderobe heimsuchen), auf die Bühne holt, artet das Konzert jedesmal zu einer beschwingten Party aus.

Auch im Otto Zutz johlte das In-Publikum begeistert und feierte die Dissidenten, die von diesem unerwarteten Erfolg anfangs überrascht wurden, an der überschwenglichen Reaktion jedoch schon bald Gefallen fanden. Gelassen registrierten sie, daß die Refrains ihrer Songs vom Publikum auf arabisch mitgesungen wurden, und sie selbst spielten

sich geradezu in einen Rausch hinein.

Unterstützt wurden die Dissidenten dabei von den stolzen und erhabenen Tänzerinnen der Gruppe Banat Assahara (Die Wüstentöchter), die eigens für dieses Konzert und für einen Auftritt in der „Angel Casas Show“ (einer spanischen Version von „Bios Bahnhof“) eingeflogen worden waren. Banat Assahara animierten das Publikum vollends zu ungestümen Beifallsbekundungen, so daß kurzfristig ein Zusatzkonzert im prunkvollen Studio 54 angesetzt werden mußte. WachaWacha!