Doc Schoko

Stadt der Lieder

Staatsakt/Caroline

Klamaukpop oder Gesellschaftsanalyse? Beides, Baby!

Man stelle sich vor, eine Sitar wimmert, als wären die Beatles immer noch Stammgast beim Maharishi. Das Schlagzeug schlürft schleppend wie ein übermotivierter Teen­ager, und überhaupt ist die Stimmung sehr psychedelisch. Darüber singt Doc Schoko solche Sachen: „Oh, mein Herz, ich bin so trocken wie die Kiste Haferflocken und die neuen Lammfellsocken.“ Ja, ähem, Humor ist wohl, wenn’s lustig ist. Noch lustiger wird es, wenn das Thema eigentlich bitterböse ist, so wie in „Bierchen“, in dem der in Berlin lebende Doktor beschreibt, wie er ein auf der Straße gefundenes, schales und halb leeres Bier trotzdem nicht stehen lassen kann.

Auf seinem vierten Album STADT DER LIEDER klingt Christian Schulte mal wie Rio Reiser und im nächsten Moment wie Dirk von Lowtzow, mal wie eine Krautrock-Karikatur, mal wie Acid-Rock auf zu wenig Acid, und dann wieder, als würde er Punkrock todernst nehmen. Er singt vom Saufen und verlorenen Träumen, von bröckelnden Existenzgrundlagen, von statistischen Erkenntnissen und politischen Realitäten, davon, dass er die Briefe von Amt und Bank lieber nicht aufmacht, und noch mal vom Saufen.

Man könnte sagen: Der Doc kann sich nicht entscheiden zwischen Klamauk und Gesellschaftsanalyse. Man könnte aber auch sagen: STADT DER LIEDER hält eine fein austarierte Balance zwischen diesen Polen, klingt dabei jederzeit wie aus der Zeit gefallen, ist gerade deshalb der treffende Kommentar zur Zeit, und Doc Schoko ist nichts weniger als der Charles Bukowski des deutschen Indie-Pop.

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