Dr. Dre :: Chronic 2001

Überflüssig

Na, wer hat das letzte HipHop-Wort in diesem Jahr(zehnt/hundert/tausend)? Diese für nahezu alle Protagonisten des konkurrenzfreudigen Cenres wichtige Frage ist hiermit beantwortet. Nicht der notorische Busta Rhymes, sondern Doc Dre, das wartende, ewige Ass in der Hinterhand spielt aus und gibt damit dem Jahrzehnt zu einem Zeitpunkt eine Gangsta-Rap oder G-Funk-Klammer, zu dem diese HipHop-Abart zumindest diesseits des Atlantiks schon fast in Vergessenheit geraten war. Müssen wir nochmal die Vergangenheit aufrollen? Sagen, daß N.W.A. ein, wenn auch unangenehmer, so doch Meilenstein und die erste Dre’sche Chronik ein HipHop-Großereignis war? Geschenkt. Mit dieser darauf aufbauenden Überleitung ins nächste Jahrzehnt wird hingegen nur eines klargestellt: Dre ist zwar prächtig und dick, aber doch ein Auslaufmodell. Fast klingt es als wüsste er Bescheid, so sehr wird hier auf den Putz gehauen: Ghetto- und Realness-Gestenze, bis auch dem dümmsten Homie klar ist, dass der Dre ein harter Bursche ist, der macht was er will – und gerade mit den Frauen. Besonders bei den ersten drei Stücken, die in prächtigster Cinemascope-Produktion auf uns hernieder donnern, wünscht sich der Rezensent innigst, nie Englisch gelernt zu haben. Hier wird selbst unter der HipHop-spezifisch tiefliegenden Gürtellinie mit dem Schwanz gerudert, wobei passenderweise Snoop Dogg den willigen Überbringer des männlichen Overkills personifiziert. Hat man diese Übelkeit erstmal irgendwie weggesteckt, dann bricht allerdings auch bald redundante Langeweile aus, an der auch die dicken Beats und die verführerischen G-Funk-Keyboardlinien nichts ändern. Natürlich wird das bombig charten – aber in Zeiten, in denen Mos Def, Blackalicious und Divine Styler das Genre mal wieder wunderbar erweitern, braucht diese Testosteron getränkte Selbstherrlichkeit – gottseidank – kein Schwein.