Elvis Presley

The complete ’68 Comeback Special

Vor 40 Jahren schlug das "Graceland"-lmperium per TV-Special zurück: Eine schmucke 4-CD Box zeichnet nun das spektakuläre Comeback des "King of Rock 'n 'Roll", einst als Einzel-LP erschienen, in 103 Aufnahmen von den Proben bis zur Aufzeichnung nach.

„They got the guns, we got the numbers, gonna win, yeah, we’re takin‘ over. Come on“, deklamierte Jim Morrison – und es war völlig klar, wer „sie“ waren und wer „wir“. Mick Jagger besang den „Street Fighting Man“, der doch nichts anderes tun konnte, als in einer Rock’n’Roll-Band zu singen, während sich John Lennon in „Revolution“ nicht entscheiden mochte, ob man – im Falle eines Falles – nun auf ihn zählen könne oder nicht. Egal. Die junge Generation sah in diesem Jahr 1968 während um sie herum Barrikaden brannten, Menschen starben, Krieg geführt wurde (siehe History-Kasten) – in Lennon, Jagger und Morrison (und Dylan natürlich) die Apologeten einer besseren Welt, ergötzte sich ansonsten an Jimi Hendrix‘ Gitarrenexkursionen oder bejubelte die improvisatorischen Exzesse von Cream. Und während sich all diese seltsamen neuen Dinge zutrugen, saß der König des Rock’n’Roll in seinem Palast „Graceland“, umgeben von Heloten und Hofschranzen, verfolgte das Geschehen, schüttelte ungläubig den Kopf und sah, dass er ein König war, dem sein Land abhandengekommen war.

Wenig später wird Elvis Presley via TV landesweit darüber schwadronieren, welche große Veränderungen die Musik „in the last ten or twelve years“ durchlaufen habe und dass alles besser geworden sei: der Sound, die Musiker, die Toningenieure. Er finde auch, wird er gönnerhaft verkünden, durchaus Gefallen an neuen Bands wie „The Beatles and The Beards (sic!) and whoever“ und liebe deren Musik. Die aber sei immer noch „basically Gospel or Rhythm’n’Blues“. Und siehe, alles wird gut werden: Die Medien werden sich schier überschlagen, die Fans werden aus dem Häuschen sein, und der King selbst wird dank dieses NBC-Specials, das unter dem Begriff the ’68 Comeback Special zur Legende werden wird, die Lust an seiner Musik zurückgewinnen.

Sieben Jahre lang war Elvis nicht mehr live aufgetreten und hatte seither, von einigen feinen Singles abgesehen, fast ausschließlich irgendwelchen Soundtrack-Kram zu all den dümmlichen Filmen veröffentlicht, in denen er mitzuspielen geruhte: FUN in acapulco, kissin‘ Cousins, speedway, California holiday oder paradise, hawaiian style – allein die Titel sprachen Bände. Kein Wunder, dass Presley-Manager „Colonel“ Tom Parker irgendwann der Gedanke kam, eine kleine Auffrischung täte der Marke Elvis (und ihrer beider Konten) gut – und so ward die Idee eines Christmas Specials geboren. Was folgte, war das bemerkensweiteste Comeback seit Lazarus, das jetzt beinharte Fans und interessierte Novizen anhand der schmucken 4-CD-Box the complete ’68 Comeback Special in all seinen Facetten und Entwicklungsstadien nacherleben können – von den Proben am 24. und 25. Juni 1968 in den NBC Studios Burbank (auf CD 4) über die Auftritte am 27. und 29. Juni an gleicher Stelle mit je zwei „Sit Down“-(heute würde man sagen: „unplugged“) und zwei großorchestrierten „Stand Up“-Shows (auf den CDs 2 und 3) bis hin zum mit Bonustracks angereicherten Originalalbum (CD 1), das ursprünglich im April 1969 unter dem Titel Elvis n.b.c. tv Special erschien.

„Der Colonel wollte, dass Elvis Weihnachtslieder für Kinder singt“, erinnert sich der Produzent der Show, Steve Binder, schließlich wurde das Special ja in der Vorweihnachtszeit ausgestrahlt, „but it turned out a whole lot different“. Zum Glück. Zu hören gibt es stattdessen reichlich Rock’n’Roll und viel Balladen-Zuckerwerk, Blues (Jimmy Reeds „Baby What You Want Me To Do“ ist ein immer wiederkehrendes Motiv) und Gospel, die Setlist enthält natürlich hauptsächlich Klassiker: „Heartbreak Hotel“, „Can’t Help Falling In Love“, „Are You Lonesome Tonight“, „Blue Suede Shoes“, „Hound Dog“, „Trouble/Guitar Man“, Letzteres ein weiteres Leitmotiv der Shows. Die Musiker sind blendend aufgelegt, derweil der Meister selbst nicht immer intonations- und textsicher, gelegentlich gar fahrig wirkt, seine Nervosität hinter aufgesetzter Albernheit zu verbergen sucht, aber inmitten all der Witzeleien, Überspanntheiten und falschen Einsätze immer wieder für magische Momente sorgt. Die Tunes, bei denen er von einer veritablen Bigband samt schmetterndem Blech und samtenen Streichern begleitet wird, wirken stringenter, elaborierter auch, während die „Sit Down“-Section mit den alten Kampen Scotry Moore und DJ. Fontana sowie Charlie Hodge und Allan Fortas fraglos die intimere, spannendere, aber auch die fragilere, für Pannen anfälligere ist. In beiden Fällen indes nerven die ins Studio gekarrten Claqueure mit Geplapper und orgiastischem Gekreische, was den Hörgenuss beizeiten beträchtlich trübt.

Nur von dokumentarischem Wert sind die Probenmitschnitte auf CD 4: Presleys eher beiläufiges Absingen diverser Songfragmente mag man nicht öfter als ein-, zweimal hören. Das 32-seitige Booklet enthält einen informativen Aufsatz von Harvey Kubernik, nette Fotos und die wichtigsten Daten über die hier versammelten 103 Aufnahmen. Als die Show schließlich am 4. Dezember 1968 ausgestrahlt wurde, durfte sich NBC über eine Einschaltquote von 42 Prozent freuen. Der King selbst konstatierte sicherlich ein wenig zu euphorisch: „It’s the greatest thing l’ve ever done in my life.“ Gewiss aber war es ein unvermuteter „return to form“, der noch ein exzellentes Album -from elvis in Memphis – lang vorhielt. Next stop: Las Vegas.

»>www.elvisthemusic.com >» www.elvis.com