Fiona Apple :: Extraordinary Machine

Verschlimmbessert

Hier ist es also, das sagenumwobene, totgeglaubte, gerüchteumwitterte Extraordinary Machine. Das Album, das jeder, der über einen funktionstüchtigen Internetzugang verfügt, schon seit Monaten zu kennen glaubt. Warum die Songs, die Fiona Apple mit ihrem Herz- und Hof-Produzenten Jon Brion vor über zwei Jahren aufgenommen hat, seit Anfang des Jahres im Web kursierten, aber nicht veröffentlicht wurden, ist immer noch nebulös. Das „offizielle“ Extraordinary Machine, das im Laufe dieses lahres unter der Regie von Mike Elizondo (Dr. Dre, Eminem) und Brian Kehew (Moog Cookbook, Air) entstanden ist, hat jetzt jedenfalls den schweren Stand, sich dem Vergleich mit der Brion-Version stellen zu müssen. Und, das mal gleich vorweg, es kann ihm kaum standhaken, Extraordinary Machine war in seiner alten, unvollendeten Fassung ein Wunderwerk aus Tin-Pan-Alley-verliebtem Songwriting, Jahrmarktkarussell-artigem Arrangement und einer Fiona Apple, deren Präsenz einem schier den Atem nahm. Ein Ausbruch, ein Album, das mit weit aufgerissenen Augen tief Luft holte und seine Gefühle ungefiltert offenlegte. Der Neuauflage passiert genau das, was der gesunde Menschenverstand vermutet, wenn jemand zwei Jahre alte Songs nochmal aufnimmt: Es fehlt die Dringlichkeit, die Direktheit, die Hitze, die Unbedingtheit. Das nur scheinbar gegen den Strich besetzte Produzententeam hat aus den Songs nichts Neues herausgekitzelt, nur verflacht, eingeebnet, stumpfer gemacht, mit Unnötigkeiten aufgehübscht und überfrachtet. „Not About Love“ ist verschlimmbessert mit einem dämlichen Beat, „Red Red Red“ und „Window“ verwässert mit einfallslosen Synths und Bläsern. Für das, was Mike Elizondo „Tymps“ (das zuvor als „Used To Love Hirn“ bekannt war) angetan hat, wird er in der Hölle schmoren. Nur „Parting Gift“, das einzige komplett neue Stück, und die großartigen „Extraordinary Machine“ und „Waltz“, die beide in Jon Brions Originalversion beibehalten wurden, haben Fiona Apples Kraft und Engagement. „Oh Sailor“ ist träge und unmotiviert runtergesungen, aus „Please Please Please“, eigentlich ein zähnefletschender Stinkefinger gegen die Musikindustrie, ist alle Wut herausgenommen. Es ist wirklich so einfach: Alles, was hier begeistert und berührt (und solche Momente gibt es immer noch zuhauf), war schon vorher da, alles, was nervt und langweilt, ist neu. Fiona Apple hat vor zwei Jahren ihr bislang bestes Album aufgenommen. Was wir jetzt in Händen halten, ist eine Coverversion dieses AJbums, die das Niveau der ursprünglichen Vision nur zum TeiI halten kann.

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