Fleckenteufel von Heinz Strunk
Leute, kauft! Von außen schaut „Fleckenteufel“ aus wie „Feuchtgebiete“: der Titel in Frakturschrift, ein schmutziger Waschlappen (genau) an (der) Stelle des Heftpflasters. Doch damit genug der Gemeinsamkeiten von Charlotte Roches Bestseller und Heinz Strunks drittem Buch. Obwohl auch das nicht spart mit Sauereien: Ich-Erzähler Thorsten Bruhn, gefangen im Jahr 1977, vor allem aber in seiner Pubertät, die den Spätentwickler so bald nicht freigeben wird, bringt große Beharrlichkeit und Fantasie dafür auf, sich seiner Fixierung auf das Anale und das Kommen und Gehen aller möglichen Substanzen durch alle übrigen Körperöffnungen hinzugeben. Einbekannter Fetisch Strunks. Es ist eine Welt der Ersatzbefriedigungen und Demütigungen, deren Qualen sich in einer christlichen Jugendfreizeit an der Ostsee noch konzentrieren. Thorsten ist auch körperlich spät dran, zu klein vor allem, dafür ein wacher Geist im Ausgestalten seiner absurden Tagträume und Beobachtungen der kaum weniger absurden Umwelt. Aber das ahnt natürlich weder die „göttliche“ Susanne Bohne noch „Schwanzandreas“. Und so bleibt ihm nur, zum trostlosen Treiben im Vier-Mann-Zelt, im Speisesaal, bei den Gottesdiensten – im Detail sogar marternd und ganz selten, dafür umso unberechenbarer Glückshormone freisetzend – seine amüsanten bis gebrauchsphilosophischen Schlüsse zu ziehen. Dieser unfertige, hilflose Thorsten tut das allerdings mit Verstand und Worten des nach vielen Jahren in dieser Disziplin bestens geschulten Heinz Strunk. Das ist der Bruch in diesem Buch. Der behindert zwar keine der reichlich und gut gesetzten Pointen und bremst auch nicht das wieder höhere erzählerische Tempo nach der etwas drögen „Zunge Europas“. Aber dieser Thorsten Bruhn bekommt kein Eigenleben. Er bleibt ein Vehikel, ein Fenster. Ein Zeitfenster.
www.heinzstrunk.de
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