Focus – Hamburger Concerto

Ehrlich gesagt hat mich dieses nagelneue Focus-Produkt ein wenig enttäuscht. Eigentlich hatte ich mehr heavy-Musik und längere Akkerman-Solis erwartet, wie man sie von den Live-Auftritten her gewohnt ist. Aber davon ist auf diesem Album so gut wie nichts zu hören, denn dieses Mal hat Organist Thijs van Leer seinen Stempel überdeutlich auf die neuen Werke gedrückt. Seine Vorließe für romantische klassische Stücke ist ja allgemein bekannt. Und diese Art Musik zieht sich wie ein roter Faden durch die Plattenrillen des Hamburger Konzerts. ‚Delitiae Musicae‘ heisst das klassische Stück, mit dem das Album beginnt. Es wurde von Jan Akkerman neu bearbeitet und lässt vor allem Flöten- und Lautenklänge hören. Der Titel des folgenden Songs (La Cathedrale de Strasbourg) gibt auch gleich dessen Atmosphäre wieder.

Richtige Kirchenmusik, die mit einer echten Kirchenorgel aufgenommen wurde (mit der Orgel der St. Mary the Virgin-Kirche in Barnes, England). ‚Birth‘ empfinde ich persönlich als das schönste Stück auf diesem Album. Es ist eine Komposition von Jan, die zum Glück an alte Focus-Klänge erinnert. Thijs spielt in dieser Nummer ein äusserst raffiniertes Flötensolo. Prima, prima denke ich mir, während ich die Scheibe umdrehe. Allerdings werden meine Erwartungen auch hier nicht erfüllt. Das aus sechs ineinander überlaufenden Tei len bestehende Titelstück ‚Harn burger Concerto‘ kann ich beim besten Willen nicht zu den Höhepunkten des Focus-Schaffens rechnen. Es kommen ganz originelle Passagen darin vor (mit teilweise holländischen Songtexten), aber im Allgemeinen passiert im ‚Concerto‘ nichts Aussergewöhnliches. Den Single-Titel ‚Harem Scarem‘, den ich beim Besprechen der ersten Plattenseite mit Absicht noch nicht erwähnt habe, wird ja jeder mittlerweile wohl schon mal im Radio gehört haben. Die LP-Version ist lediglich noch ein paar Minuten länger. Bleibt nur zu hoffen, dass Focus mit ihrer folgenden Platte meine Erwartungen besser erfüllt, die noch immer sehr hoch gespannt sind. Ach ja, noch was: Endlich gibt es jetzt mal ’ne Focus-Platte mit einem hervorragenden Album-Cover.