Garland Jeffreys – American Boy & Girl
Für kurze Zeit tauchte „American Boy & Girl“ in den US-Charts auf – ein erster Hoffnungsschimmer für einen der besten Rocksänger und Songschreiber. Schon 1977 hatte Garland Jeffreys mit“.Ghost Writer“ eine unglaublich gute Platte herausgebracht, aber zur Kenntnis genommen hat sie bis heute kaum jemand. Wären damals nicht Katy und Teja gewesen, dann hätte ich Herrn Jeffreys vermutlich auch übersehen – manchmal sind es ja winzige Zufälle, die etwas ins Rollen bringen. Obwohl sich später dann herausstellte, dafe diese Zufälle gar keine Zufälle waren, aber das ist eine andere Geschichte . . .
Also: Garland Jeffreys ist der Billy Joel der achtziger Jahre, und populär wird er auch noch werden, da führt kein Weg vorbei. Er kommt aus New York City und schreibt die Poesie der quirlenden, taumelnden Megalopolis, ähnlich wie Springsteen oder Joel. Allerdings sind Garland Jeffrey’s Texte realitätsnäher als die von Billy Joel, denn Garland ist ein Mischling und hat mehr mitbekommen vom Lebenskampf. Die Alltagsszenen, die er schildert, sind zum Teil recht drastisch; aber er beläßt es nicht dabei, sondern sucht nach Wegen, die von der Schattenseite wegführen: Mut zur eigenen Identität etwa und zur positiven Kraft, die in jedem Menschen steckt. Im Titelsong der Platte heißt es: Hey little girl raised on main streetl Sniffin‘ through a dollar billl Just like Pearl gonna wind up with cold feetl Don’t you know that stuff will kill/Racin ‚ ‚round gettin‘ sick, sick, sickl It gonna‘ get the best of you/ All you need is a little Inspiration/ Girl it’s gonna get you through.
Sich mit Garland Jeffreys Botschaft anzufreunden, wird den um die Zukunft betrogenen Kindern aus Gottes eigenem Land nicht gerade leichtfallen. Denn Garland ist auch ein Intellektueller mit einem ausgeprägten Hang zur europäischen Kultur; bei ihm wimmelt’s von romanischen Ausdrücken, er kennt Wilhelm Reich, und seine Begleit band ist die „Mao Band“. Solch ein Background sorgt allerdings dafür, daß er nicht nur über die Street kids, sondern auch über das Treiben hinter den verschlossenen Türen der Bourgeoisie berichten kann:
They came in like zombies/ Asleep and affected/ They sipped from their Cocktails/ An incredible scene heißt es in „Night Of The Livin‘ Dead“. einem bestechenden Stimmungsbild von einer Cocktail-Party.
Eingängiger als die Texte ist die Musik von Garland Jeffreys. Sein kontrolliert vorgetragener Mainstream-Rock klingt ausgesprochen frisch und ist stark von Reggae durchsetzt (with a little help from Sly Dunbar, den man für seine gleichzeitigen Verpflichtungen in sämtlichen jamaikanischen Studios offenbar geklont hat). Seine Stimme, in der ein Hauch von Qual, ein Schuß Zorn und ein unverkennbares Timbre stecken, steht kraftvoll vor dem instrumentalen Hintergrund. Seine Ausdrucksformen sind mid tempo rocker, ausholende Balladen und Reggae -Nummern. Und wenn „American Boy & Girl“ – genau wie der Vorläufer „One-Eyed Jack“ – auch nicht die so beeindrukkend unmittelbare Intensität von „Ghost Writer“ erreicht, so steht doch außer Frage, daß wir es hier mit einer herausragenden Produktion zu tun haben.
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