Generation X :: Kids der Neunziger

Es geht los wie im richtigen Leben: Vier junge Menschen kommen aus dem College frei, werfen ihre Hütchen in die Luft, diskutieren ihre Pläne. In den siebziger Jahren hätten Lelaina (Winona Ryder), Troy (Ethan Hawks), Vickie (Janeane Garolfo) und Sammy (Steve Zahn) vermutlich erst mal einen Joint geraucht, Bob Dylan gehört und auf einer Wiese über all die hehren Ideale palavert, die in den kommenden Jahren ihr Leben bestimmen würden. In den achtziger Jahren schon hätte das College-Quartett vermutlich gerade noch Zeit gefunden, einen Blick ins Wall Street-Journal zu werfen, bevor die ersten Meetings mit Headhuntern den Weg in eine vergoldete Zukunft gewiesen hätten. Lelaina, Troy, Vickie und Sammy sind Kids der neunziger Jahre. Und das ist ein Problem: Schließlich gibt’s heutzutage weder politische Ideale noch sonstwie geartete Lebenshilfen, die den Start ins Erwachsenenleben erleichtern. Widersprüche pflastern ihren Weg: Lelaina versucht, das Chaos ihres Lebens aufzulösen, indem sie alles mit der Videokamera festhält. Sie glaubt an die Kraft des authentischen Bildes und muß doch sehen, wie die MTV-Mentalität ihrer Generation auch daraus noch hohle Talmi-Oberfläche für den Schnellgebrauch macht. Troy dagegen, Sänger einer Art Grungeband und aus bürgerlicher Perspektive ein Totalverweigerer, erfreut sich zynisch grinsend seiner Existenz als sexueller Durchlauferhitzer. Er fürchtet sich vor jedem echten Gefühl und ergreift panisch die Flucht, als er merkwürdige Hormonschübe bemerkt, die er vor kurzem noch als schlichte „Verliebtheit“ abgehakt hätte. Vickie funktioniert eher bedürfnislos als Managerin eines GAP-Klamottenladens und bezieht ihr Selbstwertgefühl aus kleinen sozialen Aufstiegen, während Sammy mit dem Outing seiner sexuellen Präferenz kämpft. „Voll das Leben“ ist ein Gemischtwarenhandel, prallgefüllt mit den existentiellen Zutaten des modernen City-Kids. „Voll das Leben“ ist eindeutig das beste Beispiel in einer Reihe von Filmen über die vielzitierte Generation X: Er ist sperrig und hilflos in seinen Dialogen, verweigert sich einfachen Antworten und gibt sich seiner Widersprüchlichkeit scheinbar voller Wonne hin. Als Tableau gleichberechtigter Stimmungen, Eindrücke und musikalischer Einschübe ist „Voll das Leben“ die effektivste Definition des emotionalen Chaos, mit dem sich Kids ’94 herumschlagen.