Graham Coxon – The Kiss Of Morning

US-Hardcore und Jazz, Folk und Rock und Blues sind die Stil- und Spielarten, Nick Drake, Bob Dylan, John Lee Hooker, Captain Beefheart oder Syd Barrett die Namen, die einem einfallen, wenn man das gesammelte Solo-Schaffen von Blur-Gitarrist Graham Coxon einmal am Stück durchhört. Während sein Kollege Damon Albarn mit unstillbarer Neugierde alles zwischen Dance, Electronica und diversen Ethnien auslotet, also seine Basis verbreitert, geht sein Bandmate – von ähnlichem Forscherdrang beseelt – lieber in die Tiefe. Der Unterschied eben zwischen Sänger und Gitarrist, die Beispiele aus der Rockhistorie sind Legion: Mick Jagger und Keith Richards; Robert Plant und Jimmy Page; Morrissey und Johnny Marr. Auf THE KISS OF MORNING gräbt Graham Coxon nach den Wurzeln, jongliert herum mit dem, was er da findet, versetzt psychedelischen Folk mit der Energie des Punk-Rock oder klingt in „Do What You’re Told To“, als hätten Soundgarden (erinnern Sie sich noch an die?) den Blues. „Baby, You’re Out Of Your Mind“ hätte nicht nur des Titels wegen prima auf Bob Dylans Debütalbum gepasst, „Mountain Of Regret“ (an der Pedal Steel Guitar: der famose B.J. Cole) bedient sich beim Country, „Live Line“ könnte auch „Being Syd Barrett“ heißen, „Walking Down The Highway“ hört sich derart nach Delta an, als wollte sich unser Mann beim Fat-Possum-Label bewerben, „Bitter Tears“ oder „Song For The Sick“ stehen in bester Britfolk-Tradition. Eklektizismus galore, aber oft auch: zerrissen, beliebig gar und damit

als Album eben leider kleiner als die Summe seiner Teile.

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