Grateful Dead :: The Golden Road

Zwölf CDs mit zahllosen unveröffentlichten Stücken rekapitulieren die wichtigste Phase der Psychedelic-Rocker aus San Francisco.

Fans von Grateful Dead haben’s gut. Solche mit großem Geldbeutel zumindest. Während andere Bands aus den sechziger und siebziger Jahren nämlich eher zurückhaltend im Umgang mit ihrem musikalischen Nachlass sind und Raritätenjäger und -sammler quasi zum Kauf von Bootlegs nötigen, pflegen die noch lebenden Mitglieder der Dead ihr Archiv und werten es konsequent aus. Resultate dieser beispiellos radikalen Veröffentlichungspolitik in der Geschichte der Rockmusik sind – neben zahlreichen regulären Live-CDs aus dem Nachlass – die Official-Live-Bootleg-Serie DICK’S PICKS, die mittlerweile in die dreiundzwanzigste Runde gegangen ist, oder die Ende 1999 erschienene 5-CD-Box SO MANY ROADS (1965-1995) mit fast ausschließlich unveröffentlichtem Material. Davon gibt’s auch auf THE GOLDEN ROAD (1965-1973) reichlich. Von den fünfzehneinhalb Stunden Musik auf dieser 12-CD-Box sind sieben bislang unveröffentlicht. Die Box ist die Aufarbeitung der (Prä-) Warner-Jahre der Grateful Dead, jener Ära, in der die Band um Jerry Garcia im Studio ihre größten Taten vollbracht hatte. Hier gibt’s alle Original-Studio- und Livealben jenes Zeitraums, vom Debüt THE GRATEFUL DEAD (1967) bis hin zu EUROPE ’72 sowie die Livecompilation HISTORY OF THE GRATEFUL DEAD VOL1 (BEAR’S CHOICE) – alles hübsch verpackt in Digi-Packs mit den Original-Covers. Plus: eine Doppel-CD mit dem Untertitel BIRTH OF THE DEAD, die ultrarares Live- und Studiomaterial aus der Zeit enthält, in der Garcia und Co. sich noch The Warlocks und The Emergency Crew nannten und von einem Plattenvertrag lediglich träumen konnten. Die Bonustracks der Originalalben – manchmal mehr (WORKINGMAN’S DEAD hat ganze sieben), manchmal weniger (AOXOMOXOA vier) und manchmal gar keine (LIVE/DEAD) – sind ans Original-Tracklisting angehängt. Wer sich dann durch die rund 160 Stücke gehört hat – vom zweiminütigen Traditional „Don’t Ease Me In“ bis hin zur 23-Minuten-Version des Klassikers „Dark Star“- und das 80-seitige Booklet gelesen hat, ist Zeuge eines wesentlichen Kapitels amerikanischer Musikgeschichte geworden. Von der frühen, noch Bluegrass-beeinflussten Prä-Dead Ära, über den psychedlischen Folk-Rock der ersten drei Alben, den Country-Purismus der frühen siebziger Jahre bis hin zum puren musikalischen Eklektizismus der Dreier-Live-LP EUROPE ’72 wer die wunderbare Welt der Grateful Dead entdecken will, diese magische Melange aus Rock, Blues, Folk, Jazz und Country, die beim oberflächlichen Hören so kalt lässt wie nur was, aber mit zunehmender Vertiefung in nie gehörte Klangkosmen entführt, wer sich von den perlenden Gitarrensoli Jerry Garcias in andere Bewusstseinsebenen tragen lassen will, sollte hier zugreifen. THE GOLDEN ROAD (1965-1973) ist in der Geschichte der CD das vielleicht ambitionierteste Projekt, mit dem die wichtigste Phase einer Band im Boxenformat aufgearbeitet wird.

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