Grenzmusik

BON VOYAGE (Mercury) wünscht Eberhard Schoener. Der 21.38 Minuten-Titeltrack hält, was seine vorigen LPs oft nur versprachen. Inspiriert aufspielende Musiker nutzen dankbar jene Freiräume, die der Meister ihnen läßt. Nur Schoeners „Poem“, artig aufgesagt von Sting. mag nicht überzeugen. Aber insgesamt versüßt die LP das Warten auf Oldfields nächstes Opus. Knapp: (5) Die Zeit bis zur kommenden Vollenweider-LP überbrückt HARFEN-MUSIK DES MITTELALTERS UND DER RENAISSANCE (FSM). Werke des 13. bis 16. Jahrhunderts, wiederbelebt von Elen Polonska und The Camerata. (5)

Die Möglichkeiten heutiger Gitarrenspielkunst zeigt eindrucksvoll Friedemann Witecka als VOYAGER IN EXPANSE (inak). Digitale Neuabmischungen schöpften von Friedemanns LP-Produktionen den Rahm ab und liegen nun als erste Sahne für CD-Genießer vor. Verschwenderisch liefert der Soundtüftler einem Mark Knopfler Ideen für mehrere LPs. (5)

Ebenfalls aufwendig produziert: LA DIMENSION PROCHAINE (sky) von Serge Blenner. Der Franzose suchte einen Nachfolger für Jarres „Oxygene“. hat ihn aber auch nicht gefunden. (3)

Der Electronic-Sampler NEW AGE (Erdenklang, IRS) schielt weniger nach den Charts. Dafür verspricht das Cover dem Eingeweihten: „Meditation. Relaxation. Fantasy. New Age.“ Na dann: meditieren, entspannen, phantasieren, das neue Zeitalter hereinmarschieren lassen! Eine LP-Seite lang bleibt die versprochene Wirkung aus. Die B-Seite überrascht mit dem Opener „Bolero Du Nouvel Age“, für den Hubert Bognermayr und Harald Zuschrader der neuen Zeit einige reizvolle Schrecksekunden abgelauscht haben. Alles ist, laut Covertext, „tief verwurzelt in einem spirituellen Zusammenhang“. Knapp: (4) In anderem spirituellen Zusammenhang steht HIGHWAY TO HEAVEN (enja) vom Montreal Jubilation Gospel Choir, Bei den ersten Tracks stört noch die Rhythmusgruppe. Spätestens in „The Storm Is Passing Over“ singt der Jubelchor die braven Begleiter in Grund und Boden. Fromme Weisen, sündhaft schön und mitreißend. (5)

Gepflegte Kirchturmbläserei zeigt German Brass mit „Allerley liebliche Tänze & Liedlein auff concertanten Manir“ (EMI) von Samuel Scheidt.

(5)

Branford Marsalis, ausgebuchter Pop- und Jazz-Studiomusiker, verdankt seine ROMANCES FOR SA-XOPHONE (CBS) vorwiegend französischen Impressionisten. Debussy und Ravel in höchst geschmackvollen Bearbeitungen. (5)

Count Basie und Duke Ellington ist DUKE & BASIE (enja) gewidmet. Red Mitchell am Baß und Trompeter Clark Terry zollen als Duo (!) den Big-Band Vätern ihren Tribut. (5)

Weniger resptektvoll pflegt das Quartett Gadzho auf TIRA MI SU (PTA/TIS) die Tradition des Zigeunerjazz. Herrlich, wenn Winny Matthias auf seiner Geige Paul Desmonds „Take Five“ schluchzt. (5)

Birelli Lagrene zeigt LIVE (inak), was Django Reinhardt den heutigen Gitarristen bedeutet. Vom Country-Blues bis Chick Coreas „Spain“ reicht ihr Virtuosen-Repertoire. (5)

EXPLETIVE DELIGHTED (Woodwarm/TIS) spielen altehrwürdige Folkies „Peter Gunn“ und andere Fetzer auf E-Gitarren und Fiddle. Fairport Convention ganz schön heavy. (4)

Die NEPAL SITAR (wergo) von Tara Bir Singh hält, was andere versprechen: Meditation. Relax … (5) Über die Beine erschließt sich der Reiz von algerischer RAI-Musik. Erst mal mit Cheb Khaled die Tanzschritte üben, danach Cheb Mami genießen. Ist wie eine Mischung aus Cajun-Music, Flamenco und Salsa (beide: Horizon Music/TIS). (4)

Warnung! Deutschlands miserabelster Orgelspieler legt eine neue LP vor: UND SIE BEWEGT MICH DOCH! (Intercord). Hans Dieter Husch greift nicht ins kabarettistische Tagesgeschäft ein, ist aber trotzdem brandaktuell — oder gerade deswegen. (Musik: 1, Texte: 6)

Konstantin Wecker ebenfalls live und unter die Haut gehend: JETZT EINE INSEL FINDEN (Polydor). (Musik: 4, Sprache & Gesang: 6)