Heinz Rudolf Kunze :: Alter Ego

„Ich sitze da, der Fernseher läuft ohne Ton, ich höre Musik, lese ein Buch und i warte auf Einfälle“. Mit ‚ dieser Multi-Media-Methode kommt Heinz Rudolf Kunze nach eigener Aussage auf seine Lieder. Kombiniert mit dem selbst auferlegten Erfolgsdruck („Ich bin als Songschreiber ein Artist auf dem Hochseil und arbeite ohne Netz“) ergibt das die konstruierte Kunze-Kreativität: Eine Art Zwang, jede Textzeile mit einem wohlformulierten Bild aus-F zustatten, und in f jedem Lied einen fBezug zu Randy ‚Newman, Jimmy Page, Byrds, Beatles oder anderen Vori bildern zu schaffen. Daß angestrebte 1 Ähnlichkeiten mit HRK’s Helden am Ende nicht festzustellen sind, zeugt von einem eher realitätsfernen musikalischen Anspruch. Dabei könnte Heinz Rudolf Kunze leicht darauf verzichten, sich auf Vorbilder zu berufen, und dazu stehen, wie er klingt: Auf ALTER EGO so poppig wie seit Jahren nicht mehr, ähnlich eingängig und leichtfüßig wie das 9ier-Album BRILLE. Melodien zwischen Melancholie und süßlichem Wohlklang, die bildschöne Szenen und Geschichten zur Geltung bringen. ‚Löwin‘, ein Stück, an dem Kunze über zwei Jahre gearbeitet hat, wandelt ähnlich wie „Jeder Kilometer‘ auf dem schmalen Grat zwischen monumentalem Liebeslied und pathetischer Aneinanderreihung sogenannter großer Gefühle. Fröhlicher wird’s bei der ersten Single-Auskopplung ‚Du bist nicht allein‘, einer von vier Titeln, bei denen Kunze zur bereits fertig komponierten Musik mehr dichtet als textet – kein wortgewaltiges intellektuelles Gehabe, sondern märchenhaft schön. Zumal bei ALTER EGO abgedroschene Metaphern glücklicherweise nicht auf dem Album, sondern in den gewohnt ausführlichen und euphorischen Kunze-Presse-Infos verbraten wurden: „Ein mit allen Soundwassern gewaschener Songschreiber, der auf Hochglanz polierte Songperlen an einer Soundkette aufreiht“ preist man so einen Floskeln verachtenden Interpreten an? Wesentlich filigraner wird da schon in Kunzes gesellschaftskritischen Stücken formuliert. ‚Ich will es wissen‘ geht der von krankhafter Selbstverstümmelung geprägten kulturellen Identität der Deutschen gekonnt auf den Grund CZahlen wir bald Vermögenssteuer für Gewissen und Gehirn?“). Und wohl nicht zuletzt nach seiner falsch verstandenen Quotenforderung für deutsche Popmusik, auf die er in ‚Beschriebenes Blatt‘ anspielt, identifiziert sich Kunze mit gegen den Strom schwimmenden Visionären (‚Scharlatan‘).