Helen Schneider – Crazy Lady

Drei weitere Beispiele der derzeitigen Welle an Sängerinnen, die losrocken und erfreulicherweise manch‘ männlichen Kollegen hinter sich lassen. Das heißt, bloß zwei der Damen sind stark, die dritte kommt leider nicht über mäßiges Vollgaseinerlei hinaus. Gemeint ist Laurie Beechman, die zwar angenehm kurze Haare trägt und lieblich dreinlächelt, aber mit einer richtig, doch nie packend spielenden Band ihre liebe Mühe hat. Laurie’s Stimme klingt heu, einigermaßen kräftig und voll, doch alles andere als abwechslungsreich. Und wenn dann die Band bloß einen handwerklich sauberen, aber gleichbleibenden Teppich darunterlegt, wird die Sache halt genau so: Gleichbleibend, unbeweglich, nach drei Songs vorhersagbar, zumal die Songauswahl auch nicht gerade Geniais erkennen läßt. Schade, Laurie, such‘ Dir eine anstandige Band…

Judie Tzuke gelang letztes Jahr ein Hit, „Stay With Me Till Dawn“, glaube ich, und hat’s keineswegs mit Gleichförmigkeit. Im Gegenteil singt Judie leicht brüchig, fragil, dann wieder glockenrein und hell, wozu ungenannte Musiker einen passenden Hintergrund markieren. Judie schreibt alle Songs gemeinsam mit den Produzenten Mike Paxman und Paul Muggleton, und das hört man: Auf den Kehlkopf geschrieben. Zusätzlich besitzen die Songs Ecken und Kanten, was sie von höherer Lebensdauer macht; in Zeiten der Ex- und Hopp-Musik durchaus rar. Judie offenbart den gewichtigen Unterschied zu Laurie Beechman: Hier haben sich Leute zur Produktion einer eigenständigen, individuell und facettenreich tönenden Platte versammelt, dort austauschbare Musiker zu einer Fließbandproduktion.

Das Größte jedoch ist Helen Schneider, die sich endlich entschieden hat, ob sie nun Konkurrenz für Barbra Streisand werden will oder Rocksängerin ist – letzteres hat gesiegt. Der wichtigste Pluspunkt für Hellen: Sie kann singen wie kaum eine zweite und beherrscht alles zwischen Gewisper und vokalem Gewitter, ohne je die Beherrschung zu verlieren. Und daß hier Könner am Werk waren, sieht man schon der Songauswahl an: Titel von Bruce Springsteen, Joe Droukas, Dave Loggins oder Steven Seskin amerikanisch, ohne glatt zu wirken. „Crazy Lady“ als Eingang läßt zwar durch ein Kammerorchester zunächst Böses ahnen, doch nach anderthalb Minuten sind die Weichen gestellt auf „exzellente Sängerin plus kompetente Musiker plus Abwechslung in den Arrangements plus plus plus…“ Helen Schneider legt zeitweise mächtig los, singt jedoch auch zwei Balladen, was eben den Unterschied ausmacht zu gewöhnlichen‘, guten Rocksängerinnen: Helen kann auch anders. Bin begeistert….

5 (Helen)

4 (Judie)

2 (sorry, Laurie)