Ideal

Der Ernst des Lebens

Zum Outfit der Berliner Tanzcombo Ideal paßt natürlich eher eine Musiktruhe, aber der Reiz des Neo-Schlagers liegt nunmal zwischen Neon und Hifi. Kam die Einfalt der Schlagertexte in den goldenen Fünfzigern aus den Herzen einer unselbständigen Wirtschaftswunder-Generation, so müßten sie jetzt aus den wiederentdeckten Herzen des isolierten Typus der menschlich und anderweitig stagnierenden neuen Gesellschaft kommen. DER ERNST DES LEBENS besteht zum Beispiel heute ja auch darin, daß man sich nicht mehr so richtig miteinander vergnügen kann.

Irgendwo ist das auch die grobe Richtung, die Annette Humpe mit ihren Texten einschlägt. War in früheren Schlagern eher von totaler Lebensfreude unter Palmen die Rede, so ist es heute eher die „Monotonie… in der Südsee“. Man sieht die gelangweilten Jetsetter förmlich vor sich, wie sie sich mit ihrem Planters Punch in der Hand gegenseitig anöden… natürlich würde sich heutzutage auch keiner mehr in den Schritten des Welttanz-Programmes im Rhythmus des langsamen Calypso bewegen. Aber Tanzen ist wieder wichtig. Tanzmusik deshalb auch von Ideal – modern, treibend, dann und wann ein illustrierender Schlenker ins Morgenländische oder sonstwohin. Was stört, sind hier mal ein absolut unpassender Gitarren aus Dug – oder aber ein allzu nöliger Ausrutscher Annettes auf die Ebene der Austro-Chansonette Marianne Mendt („Feuerzeug“).

Der Bogen bei den Texten reicht vom Quasi-Nonsens bis hin zu teilweise gelungenen ambitionierten Inhalten. Was bei Ideal fehlt, ist die pointierte Richtung; eine Präsentation, in der sich Optik und Musik konsequent decken. Denn wenn schon (gestylt), dann richtig.