Im Sumpf des Verbrechens

Thriller-Regisseure müssen verschlagene Menschen sein. Denn wenn sie uns in ihren Filmen nicht ständig belügen, dreist auf falsche Fährten ansetzen und in letzter Konsequenz schon mal die Logik außer Kraft setzen, dann haben sie versagt – und das Genre-geschulte Publikum durchschaut gelangweilt ihre hinterlistigen Absichten. Wissen ist Macht? Nicht im Nervenkitzel-Kino: Da ist Nichtwissen viel spannender. Durchsichtigkeit kann man ‚Im Sumpf des Verbrechens‘ von Arne Glimcher (‚Mambo Kings‘) nun wirklich nicht unterstellen. Gerade weil der Fall des mutmaßlichen Mörders und zum Tode verurteilten Bobby Earl (Blair Underwood) so simpel erscheint, daß der eigens nach Florida gereiste Anwalt Paul Armstrong (Sean Connery) die Lösung auch per Post hätte einschicken können, muß die Wahrheit so undurchsichtig sein wie die Everglades bei Nacht. Dieser sympathische, hochintelligente junge Mann soll ein kleines Mädchen vergewaltigt und umgebracht haben? No way. Alles deutet darauf hin, daß die lokalen Redneck-Cops sein Geständnis brutal erzwungen haben. Was auch keine politisch korrektere Dimension bekommt, als man erfährt, daß der aggressive Officer (Larry Fishburne) dunkelhäutig ist – wie der angebliche Killer. In seinem Sturmlauf für die Gerechtigkeit läßt Anwalt Armstrong dann auch keine Gelegenheit aus, in das Wespennest willkürlich richtender Kleinbürger zu stechen. Und scheint schon bald drei Zellen von seinem Klienten entfernt den wahren Halunken zu finden: einen irren, bibelfesten, charismatischen Serienkiller (Ed Harris), den Dr. Hannibal Lecter gemocht hätte. Zu dumm nur, daß nun erst die zweite Hälfte des Filmes beginnt und die Thrill-Maschine richtig auf Touren kommt. Plötzlich ist überhaupt nichts mehr, wie es eben noch schien. Und die Fairneß gebietet es, nicht mehr als folgendes zu verraten: Superschnüffler Connery ist einem diabolischen Racheplan auf den Leim gegangen, der ihn binnen Minuten vom Jäger zum Gejagten macht. ‚Just Cause‘ (O-Titel) ist eine kühne Mischung aus ‚Das Schweigen der Lämmer‘, ‚Kap der Angst‘ und ‚Im Zeichen des Bösen‘. Doch gut geklaut ist noch immer besser als schlecht erfunden.