Jenny Wilson
Demand The Impossible!
Crunchy Frog/Soulfood
Eine der wenigen zwingenden Pop-Schwedinnen zieht die Zügel an.
Da war ihr Körper: Er spielte verrückt. Der Brustkrebs, der geheilt schien, kehrte zurück. Und da war unsere Welt: der Graben zwischen Arm und Reich immer tiefer. Kämpfe um Besitz und Reichtum und angeblich auch um Gott auf diesem gottlosen Planeten. Die Songwriterin Jenny Wilson stieß auf die offensichtliche Gemeinsamkeit: Beide Systeme sind krank. Es braucht einen Aufstand, eine Revolution! Um ihrer Wut und ihrer Entschlossenheit eine Stimme und ein Gesicht zu geben, wohl auch, um sich selbst ein Stück weit zu entfliehen, erfand sie sich als Straßenpoetin neu (siehe Albumcover). Die stellt sich den Menschen in den Weg, rempelt sie mit Worten an, halb Beatnik, halb Närrin, im Ergebnis ein Quell der Wahrhaftigkeit. „Libraries are shutting down, schools are burning down, our leaders must fall down and let the women wear the crown“, proklamiert sie in „University Of My Soul“.
Bei der Arbeit an den Stücken zu ihrem vierten Album konzentrierte sich Jenny Wilson zuerst auf die Drums. Die Schwedin suchte die Körperlichkeit in ihrer Musik, den direkten Weg in den Bauch. Für ihre Verhältnisse – auch wenn Jenny Wilson seit jeher eine energische, mitunter kantige Singer/Songwriterin ist – wirkt DEMAND THE IMPOSSIBLE! fast schon aggressiv (ein Stück wie „The Future“ erinnert dabei sogar an Lady Gaga). Doch zwischen den Trommeln und Drum Machines, den bohrenden Synthesizern und den dazwischen atmosphärisch höchst wirksam gesetzten Pianotönen, Xylofon-Noten und Keyboardläufen erklingt ihre Stimme, mit der Jenny Wilson schließlich gar nicht anders kann als Sehnsucht zu transportieren, sobald sie sie steigen lässt. Und wenn sie ihre Operationsnarbe über ihrem Herzen besingt, steckt sie auch längst wieder in ihrem eigenen Körper. Sie singt zwar durch den Vocoder, aber Zeilen pursten Menschseins: „Can’t put it down with words. Can not put it down with letters. The scar is my only proof. The scar is my autobiography“ („Autobiography“).