John Coltrane – One Down, One Up: Live At The Half Note :: All That Jazz
Die Bühne hatte die Größe einer Briefmarke. Und auf den vielleicht zehn Quadratmetern lag noch soviel Krempel herum, daß sich Gottvater John Coltrane mit seinen drei Musikern wie in einer Sardinendose vorgekommen sein muß. Das geistige und körperliche Leistungsvermögen hat es aber jedenfalls nicht beeinträchtigt, als das John Coltrane Quartet ab Ende 1964 für einige Monate im New Yorker Half Note Club auftrat. Im Gegenteil. Für die Ohrenzeugen von damals, die entweder live dabei waren oder die es sich vor dem heimischen Radio gemütlich machen konnten, wurden die auf diesem winzigen Jazz-Altar abgehaltenen Performances zu einem Initiationserlebnis. Da haben sich die vier Musiker in einen exzessiven Rausch improvisiert, ohne daß ihnen der rote Faden in „My Favorite Things“ jemals durch die Finger gerutscht wäre. Da wurden die Temperaturen im „Afro Blue“-Duell zwischen John Coltrane und Schlagzeuger Elvin Jones bis auf den Siedepunkt hochgejagt, daß einem 40 Jahre später beim Zuhören die Schweißperlen runterrollen. Das solche Nebenwirkungen aber jetzt überhaupt möglich sind, ist Coltranes Sohn Ravi zu verdanken. Denn die Aufnahmen vom 26. März und 7. Mai 1965. die erstmals offiziell auf der Doppel-CD One Down, One Up: Live At The Half Note veröffentlicht worden sind, kursierten bislang nur auf schäbigen Raubkopien. Ravi Coltrane mußte da die Live-Mitschnitte erst einmal gehörig durchs klangtechnische Säurebad ziehen. Der Aufwand hat sich sehr gelohnt. Die Intensitätsskalen, der meditativ-spirituelle Zug, die Black-Music-Magie – all das steckt in den vier Tracks, die zwischen 13 und knapp 30 Minuten lang sind und in denen John Coltrane seine Tenor- und Sopransaxophonkünste mit einem unerschöpflichen Farbenreichtum spickt. Daß ihm da McCoy Tyner am Klavier, Jimmy Garrison am Baß und Elvin Jones am Schlagzeug an Feuer und Flamme in nichts nachstehen, muß eigentlich nicht sonderlich erwähnt werden. Endlich hält die Jazzwelt ihn in den Händen – den Heiligen Gral aus dem Half Note.
www.johncoltrane.com
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