Johnny Cash :: American V: A Hundred Highways
Keine Umarbeitung von Pop- und Rock-Vorlagen auf dem lange erwarteten fünften Teil der AMERICAN RECORDINGS, sondern Exerzitien in Folk und Gospel.
Das ist es also – zumindest, wenn man Produzent Rick Rubin Glauben schenkt (und warum sollten wir nicht?) -, das Album, das Johnny Cash nach dem Tod seiner geliebten June am Leben hielt, das sind die Songs, die er unbedingt noch aufnehmen wollte. Als die Tunes im Kasten waren, stellte der „Man in black“ seine Gitarre weg und starb. So viel ist über den fünften Teil der AMERICAN RECORDINGS-Serie von Kundigen spekuliert und von irgendwelchen Dumpfnasen in diversen Internet-Foren schwadroniert worden, daß man anfangs sogar zögert, „A Hundred Highways“ überhaupt aufzulegen. Toningenieur und Gitarristen, so wird kolportiert, standen des angegriffenen Gesundheitszustands des Meisters wegen auf Abruf bereit, um ins Studio zu eilen, sobald die Umstände es zuließen. Spater, nach Mr. CashsTod, kolorierte Rubin die Aufnahmen dann mit Hilfe bewährter Kräfte wie Mike Campbell (Gitarre), Benmont Tench (Keyboards) und Smokey Hormel behutsam nach. Und das Ergebnis? „Es konnte meine liebste aller AMERICAN -Platten werden“, behauptet Rubin. Und: „Johnny würde es lieben.“ So vorsichtig man mit solchen Einschätzungen sein muß, wenn der Künstler bei seinem Werk nicht das letzte Wort hat und sich auch nicht mehr dazu äußern kann – hier stimmt sie ausnahmsweise. Denn dieses Album – Epos, Epitaph und Bilanz eines Lebens in einem-ist überwältigend, nicht weniger. Auf die Neuvertonung hipper Pop- und Rock-Vorlagen wurde diesmal verzichtet, stattdessen gibt es Gospel („God’s Gonna Cut You Down“) und Folk, Stücke von Hank Williams („OnThe EveningTrain“), Rod McKuen und Don Gibson, Bruce Springsteens „Further On (UpThe Road)“ und Gordon Lightfoots Evergreen „Tf You Could Read My Mind“, der von jeglichem Pop-Schwulst befreit in all seiner Schönheit erstrahlt. In „Like The 30g“, dem letzten Song, den er in seinem Leben geschrieben hat, dekliniert Johnny Cash noch einmal sein Lieblingstopos durch: Suche, Abschied, Unterwegssein, Heimkehr – und der Pfiff des Zuges, mit dem alles wieder von vorne beginnt. An anderer Stelle sinniert der Sänger: „When you reach thepart where the heartaches come/The hero would be me/But heroes offenfail.“ Mag sein. Doch am Ende ist unser Held frei, aller Ketten ledig, mit sich und seinem Leben im Reinen. Davon erzählt uns dieses wunderbare Album. Vorhang.
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