Kraan – Flyday
„Flyday‘ ist eine hochgradig emotionale LP. auf der die reformierten Kraan. die ja sowieso noch nie auf dem deutschrockigen Kulturtrip waren, gelöst und spontan wirken wie kaum eine andere europäische (!) Band. Ohne dem alten Schlagzeuger Jan Fride Böses zu wollen, muß sofort erwähnt werden, daß der neue Drummer Udo Dahmen auf Anhieb dermaßen eingegliedert spielt, als habe er zeitlebens bei Kraan mitgewirkt. Und hier beginnt auch schon die hohe Qualität von „Flyday“: Dahmen ist nie präsent, aber stets anwesend. Diesem Paradox stehe ich selbst hilflos gegenüber, und die einzige Erklärung, die mir dafür einfällt, klingt wie ein Allgemeinplatz: Dahmen spielt halt so „einfühlsam“.
Ähnliches gilt für Hellmut Hattlers Baß. Ingo Bischofs Moogs verhalten sich schon anders, treten gelegentlich in den VordergrundUn „You’re Right“ bewerkstelligen sie ’ne Menge) und bleiben ansonsten stets auf Tuchfühlung mit dem Vordergrund, der weitgehend Peter Wolbrandts Gitarre gehört. Nicht, daß Peter dauernd Soli aus dem Ärmel schüttelt; aber stetig formt er die Songs mit leicht verwunschen anmutenden Klängen aus, was mit Ingos Keyboards glänzend korrespondiert. Und dazu, allen Kraan-Kennern wohlbekannt, Hattlers und Wolbrandts Gesänge, die öfters mit scat, also wortlosem Gesang, liebäugeln.
Die Höhepunkte des Albumsscheinen mir, von „You’re Right“ abgesehen, zwei Instrumentals mit Namen „Far West“ und „Ausflug“ zu sein. Hier taucht am ehesten die Erklärung auf für Hellmut Hattlers Aussage: „Unsere bisher extremste Platte“. Einerseits besitzen diese beiden Stücke Klasse genug, um Pink Floyds „Wish You Were Here“ als vielbenutzter TV-Hintergrundmusikbald den Rang abzulaufen: andererseits passiert (Kopfhörer!!) hier unendlich viel zwischen den Zeilen, was dem möglichen Eindruck widerspricht, dies seien höhepunktslose, stromlinienförmige Nichtssager.
Durch die Bank läßt sich bemerken, daß „Flyday“ die seltsame Eigenschaft besitzt, als Hintergrund ebenso zu taugen wie als intensiver Hörgenuß. Eine gehörige Portion Komplimente muß auch an Conny Planck gehen: Die Abmischung der Platte folgt genau dem Fluß der Musik – irgendwo zwischen erdig und schwerelos.
Last but not least: Vergleiche mit anderen Platten oder Bands! Der Begriff „Westcoast“, Synonym für elanvolle Entspanntheit in der Musik, hinkt hier, nicht nur wegen des soziologischen Hintergrunds. Rein durch Zufall läuft, während dies geschrieben wird, „L“ und „Motivation Radio“ von Steve Hillage. Schon ein doller Zufall…. das paßt nämlich!
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