Lester Young – The Complete Studio Sessions On Verve

Als Produzent Norman Granz den hippsten Tenoristen unter der Cool-Jazz-Sonne 1946 unter seine Fittiche bekam, war Lester Young längst auch verbaler Trendsetter. Wer sich ganz weit vorne zeigen wollte, der griff zu Youngs Vokabular und nannte Junkies“Needle Dancer“, Weiße „Gray Boys“ oder Wachtmeister „Bing Crosby“. Aber vor allen Dingen war Lester „The President“ Young die Inkarnation des Bebop und damit einer Stil-Explosion, die sämtliche harmonischen Gesetze auf heißer Flamme kochen sollte. Young blieb dabei stets erstaunlich gelassen, ließ die anderen sich austoben, während sein Tenor-Sax Klangfarben sonor tupfte oder zu rhythmischen und melodischen Neuerrungen ausholte, ohne jemals die Besinnung zu verlieren. Von den zahllosen Expeditionen, die Young unternahm, ist die 8 CD-Box mit ihren 118Tracks prallgefüllt. Angefangen bei den Trio-Aufnahmen mit Nat King Cole über die Swing- und New Orleans-Rückblicke mit Herb Elfis und Oscar Peterson bis hin zum Pariser Showdown 1959, bei dem der todkranke 50-Jährige nur noch ein Schatten seiner selbst war. Das Jahr, in dem auch Youngs Muse Billie Holiday verstarb. Dass Norman Granz es nie geschafft hat, das Traumdoppel noch einmal vor die Mikros zu bekommen, ist der einzige Makel dieses gewaltigen Ohrenschmauses.