Letzte Ausfahrt Crooklyn
In Filmen von Spike Lee brennt meistens der Baum – der Meister ist eben ein wütender Mensch! Doch auch Kämpfer werden älter, weiser und damit auch ruhiger. ‚Crooklyn‘ beweist, daß der schwarze Vorzeige-Regisseur mit dem ausgeprägten Geschäftssinn auch eine heimliche Liebe zur nostalgischen Rückblende pflegt. Hat er doch tatsächlich einen Familienfilm gedreht.
Und dazu über eine Sippschaft, die Spike Lee ganz gut kennt. ‚Crooklyn‘ erzählt von einer Familie im Brooklyn der siebziger Jahre, die vier Söhne und eine Tochter und zudem einen Citroen hat, mit dem der ganze Haufen übers Land fährt. Auch Spike Lee hat eine Schwester und drei Brüder.
Und dreimal dürfen Sie raten, welcher französischen Automarke Vater Lee in den siebziger Jahren seine mühsam verdienten Dollars überließ. „Der Film basiert nur ganz, ganz locker auf den Geschichten meiner eigenen Familie“, wiegelt Lee zwar vehement, aber nicht sehr glaubwürdig ab und ergänzt unwirsch: „Ich wollte einfach nur mal einen Film machen, der nicht schon im Ansatz alle Emotionen hochkochen läßt.“
Vermutlich wollte Lee auch noch etwas ganz anderes zeigen. Daß er nicht 35 Millionen Dollar benötigt, um hinterher doch nur der Thesenkino-Fabrikation bezichtigt zu werden. ‚Crooklyn‘ fiel mit 15 Millionen Dollar relativ billig aus und ist keinen Deut schlechter als der ambitioniert verkrampfte ‚Malcolm X‘. Lees neuer Film ist persönlich, zurückhaltend und, kaum zu glauben, geradezu gutgelaunt. Er schwelgt im Siebziger Jahre-Szenario seiner Jugend,
macht sich über Frisuren, Gesten und Kleidung lustig. Und wenn sich die Film-Familie im Wohnzimmer vor der Glotze versammelt, um die Partridge-Family zu gucken, erreicht der Film Bill Cosby-Format – zumindest nach Comedy-Maßstäben. Wer allerdings in Lees kunterbunter Materialsammlung nach einer Struktur oder einer Story sucht, wird enttäuscht.
Beliebig und zuweilen auch ungelenk verknüpft Lee, was ihm eingefallen ist und wechselt grundlos Erzählperspektive und Tempo. Spötter behaupten, daß Lee schon die Lebensphase erreicht habe, in der etwa Kollege Ingmar Bergman seine verklärten Erinnerungen in ‚Fanny und Alexander‘ verfilmt hat: ‚Crooklyn‘ als Alterswerk.
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