Liedermacher

Niemand steht frühmorgens mit der Sorge ums Weltgeschehen auf; der Alltag holt uns öfter ein, als man wahrhaben will. An dies und das, was einem so angesichts von Jahreszeiten und Kleinigkeiten, die schwerwiegend sein können, durch den Kopf geht, erinnern die Lieder von Gerd Birsner auf seiner empfehlenswerten LP DREIKÄSE-HOCHS UND LUFTIKUSSE (bei Schnoog Räcords, Keuperstr. 15, 73 Esslingen-Berkheim). Nicht die große Geste und der modernste Synthi sind seine Sache, sondern genaue Beobachtungen und liebevolle musikalische Detailarbeit. Seine alemannisch-pfälzische Mundart färbt die hochdeutschen Texte ohne Provinzmief, und daß Birsner gar nicht erst versucht, schön zu singen, macht ihn als Musikant inmitten seiner Freunde nur sympathischer. (4) Egal, was heut‘ abend in der Glotze läuft. Die Bilder des laufenden Schwachsinns machen aus Wortsinn Schlagworte, und wem dabei nicht mehr wohl ist, sollte mal zum Buch oder dieser Schallplatte greifen: MAG DENN KEINER DIE BUNDESREPUBLIK? (Nomen + Omen, Neckarhalde 33, 74 Tübingen) von und mit Christof Stählin.

In der knappen Stunde werden wenige, zumeist eher angedeutete Lieder geboten. Doch die Sprechpassagen sind deshalb kein Kabarett. Da erzählt einer, denkt nach, dreht rum, regt an und macht nachdenklich und lachen zugleich. Über die Veränderungen unserer Sprache, übers Bleibenlassen („man kann das Guinnessbuch der Rekorde auswendig lernen, um da rein zu kommen; man kann es auch bleiben lassen“), über die Freiheit, die zur Freizeit wurde, schließlich über unser ungeliebtes Land.(5) ALLES GEREGELT (RCA), das neue Album von Thommie Bayer, ist ein Glücksfall an musikalischer wie textlicher Gelöstheit. Rhythmisch sehr vielseitig und thematisch ohne Zeigefinger, hat sich Bayer offenbar an den eigenen Noten aus dem Schlick seiner Vergangenheit gezogen. Daß er fast zur One-Man-Band geworden ist, bekam seinen Songs ebenfalls. (4) „Die Kinder sind OK“ singt Stephan Sulke auf seiner neuen LP VERSÖHNUNG (Intercord) – sein Album ist’s auch. Endlich spielt er nicht mehr den ausgewachsenen Kuschelteddy und kommt zur Sache, nämlich seiner Biographie. Der Blick zurück ohne Zorn wurde in angenehm kurze Lieder gekleidet, denen Sulke wohlklingende Arrangements mit klaren Synthi-Sounds maßschneiderte. Und statt wie früher damit zu kokettieren, besingt er einfach seine Bürgerlichkeit mit verhaltener Schweizer Ironie. (4)