Lloyd Cole & The Commotions – Rattlesnakes – Deluxe Edition

Viel Spaß war nicht im Orwell-Jahr, zumindest nicht für die Liebhaber straighten und intelligent gestrickten Gitarrenrocks. Stattdessen biepte und fiepte es allerorten synthetisch, elektronisch und oft genug idiotisch. Punk war vorbei, NewWave eigentlich ein großer Quatsch, „Jump“ von Van Halen ein Riesenhit und Boy George der Mann/die Frau der Stunde. Na fein. Schön, dass es da dieses unscheinbare Quintett aus dem schottischen Glasgow gab. Dessen Anführer, Lloyd Cole, war gerade 23 Jahre alt und studierte Philosophie. Überdies schrieb er wunderbar griffige und trotzdem irgendwie aus der Zeit gefallene, gelegentlich gar dylaneske Songs, die gespickt waren mit ironischen Zweizeilern und Anspielungen auf diverse Helden der Popkultur. Natürlich vor allem solche, die in frankophilen Studentenkreisen geschätzt wurden, also Simone Beauvoir. das Leinwandpaar Jules & Jim, der Schriftsteller Norman Mailer und so weiter. So weit, so gut. Das zweite Pfund aber, mit dem Lloyd Cole wuchern konnte, war seine Band. Die besaß das seltene und nicht hoch genug zu schätzende Talent, Einfaches einfach sein zu lassen. Die Commotions spielten nur die Noten, die wirklich nötig waren, und das erledigten sie zurückhaltend, geschmackvoll und elegant. Mit Songs wie dem süffigen Opener „Perfect Skin“ (er wurde ein Single-Hit), dem schwelgerischen „Forest Fire“ und dem verhalten-eindringlichen „Speedboat“ schufen sich Lloyd Cole & The Commotions aus dem Stand heraus eine solide Karrieregrundlage. Und mit heutigen Ohren lässt sich sagen: RATTLESNAKES ist eine der wenigen Platten aus dieser finsteren Zeit, die souverän die Jahre überdauert haben. Deshalb wurde das Album nun völlig zu Recht als „Deluxe Edition“ aufgelegt: neben dem LP-Original bietet die Doppel-CD noch diverse Demo-, Live- und Alternatiwersionen sowie vier Songs aus BBC-Radiosessions. Das ganze Paket kommt im hübschen Digipack mit 32-seitigem Booklet und Songby-Song-Kommentaren der Bandmitglieder. Das Jahr 1984 war doch gar nicht so schlecht…

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