Long fin killie – Amelia

Wenn man sich ein paar Momente lang ausschließlich auf Luke Sutherlands Gesang einläßt, ist die Assoziation Minnesang nicht weit. Oder, sagen wir, Sutherland klingt wie ein Minnesänger auf irgendeiner heftigen Aufputsch-Droge. Eine Stimme, die wie im Traum über verschwommene Bilderwelten hinwegrollt – und tuschelt – in Regionen jenseits der Alltagwahrnehmung. Dabei geht es in den Songs um all die Fallen und Dramen in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen und unseren Wünschen, die im transparenten, transzendenten Sound der Band an die Oberfläche kommen. Gewidmet haben Long Fin Killie ihr drittes Album (nach HOUDINI und VALENTINO) der Träumerin Amelia, die ihre Sehnsucht, um die Erde zu fliegen, mit dem Leben bezahlen mußte. Die Ausnahmestellung der schottischen Band in der aktuellen Popszene bleibt auch auf diesem Album gewahrt: Jenseits der handelsüblichen Formate gehen Long Fin Killie prachtvolle Wege der Verweigerung, die sie garantiert nicht in den Verdacht bringen werden, sich für ein paar Chartsnotierungen oder Video-Erfolge qualifizieren zu wollen. Die Rhythmus-Section weiß, wie man einen straighten Beat gnadenlos killt: Becken und Trommel in holprigen Schichten, schöne Grüße allenfalls an Robert Wyatts Soft Machine in besseren Tagen. Und eine Idee von Gitarrenrockband schimmert in stürmischen Songs wie „Headlines“ auch noch durch. Man kann diese Platte aber auch für eine Neuerfindung des Jazz halten (das sind noch Bläser!).