Lou Gramm – Long Hard Look

Dieses bullige Organ hört man aus Hunderten heraus; das kann doch nur Onkel Lou sein. Diese Stimme auf Solo-Abwegen müßte vor lauter Platin-Lorbeeren mit Foreigner inzwischen doch ganz heiser sein. Aber denkste. An der Leine des ausschließlich eigenen Songwritings entwickelt der sympathische Wicht mit der wuchtigen Stimme plötzlich neue Rock-Energien, die man ihm aufgrund seines mißratenen Debüts mit READY OR NOT kaum noch zugetraut hätte. Aus den bescheidenen 500 Gramm von damals werden diesmal mehrere Kilos knackiger Mainstream-Rock voller borstigem Charme.

Bruce Springsteens Hausgitarrist Nils Lofgren, Ex-Whitesnake-Gitarrero Vivian Campbell und weitere bewährte Helfer werkeln aus Gramms neun eigenen Songs und aus dem Evergreen „Tin Soldier“ von den Small Faces ein vorzügliches Trampolin, auf dem Lou mit seiner Stimme herumturnt, als gelte es, die ebenso lästige wie ruhmreiche Vergangenheit ein für allemal zu begraben. Vor allem im Midtempo-Bereich ist er unschlagbar. Das im Refrain so herzerweichende, hymnische Stück „Angel With A Dirty Face“ zeigt ihn in einem völlig ungewohnten Frack – schmusig und entschieden zugleich. Auf einer ähnlichen Wolke schwebt auch der nächste potentielle Hit namens „Broken Dreams“. So schwimmt sich der gestandene Shouter mit diesem Album endlich frei von Foreigner, Formeln und falschen Freunden. Seich raus und Saft rein, (akj 5