Madonna – Ray Of Light
Wir kennen Madonna: Kruzifix-behangen, mit Caultier-Bustier, als schlimme, schlimme Sex-Buch-Autorin, und jetzt auch noch als Mutter. Ist Madonna deshalb erwachsen geworden? Nein, nur reifer und wacher. Und wer hellwach ist, weiß: Die Zeiten werden elektronischer. Und wer würde daran zweifeln, daß Madonna hellwach ist? Schon im Opener „Drowned World/Substitute For Love“ gibt Mama Ciccone die Richtung an, die der RAY OF LICHT nehmen soll: Ambient Soundschleier, rückwärtsgespielte Tapeloops, hie und da ein Breakbeat – willkommen in der Moderne, pardon, willkommen im Vorzimmer der Moderne. Denn Madonna deutet an, ohne allzu konkret zu werden, die Effekte sind dezent plaziert, mehr als Verzierung gedacht denn als kompromißloses Ja zum Heute. Piepsende Synthies, wummernde Bässe, Bits ’n‘ Beats, Echos und Samples gehen aufs Konto von William Orbit, der seit Anfang der 90er als Produzent, Remixer und Projektleiter (Torch Song) die Knöpfchen dreht. Orbit hat RAY OF LICHT co-produziert und die Hälfte der Songs (zusammen mit Madonna) geschrieben. Aber keine Angst, gemeiner Fan, Madonna bleibt Madonna und sorgt schon dafür, daß das Produkt Madonna auch schön wiedererkennbar bleibt. Und das geht am besten mit einer Sammlung großartiger Songs. Da wäre „Candy Perfume Girl“ mit einem minimatistischen TripHop-Beat und verzerrten Gitarrensamples, das epische „Skin“, das – mit seinen Rhythmuswechseln – wie drei verschiedene Songs wirkt, natürlich das großartige „Frozen“ als logische Verbindung von unverschämt eingängiger Melodie und reduzierter Begleitung oder das musikalisch karge und textlich brillante „Mer Girl“. RAY OF LIGHT mag frostig sein, wirkt aber mehr wie ein letzter kalter Wintermorgen in Erwartung des nahenden Frühlings.
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