Maria Volk – Straten. Unterirdischer Tourismus
Einem Könner wie Alan Bangs wird gekündigt, weil er in seiner Sendung Stücke von Jacques Brel, Chopin, den Neubauten und Hendrix aufgelegt hat. Der Redakteur, der zu Ray Manzareks 61. Geburtstag 61 Sekunden lang die „größten Hits der Doors“ (sie!) als Medley spielen ließ, begleitet vom ignoranten Gequatsche eines inkompetenten Moderators, hat seinen Job noch. Was zeigt: Der Dudelfunk ist nicht zu stoppen, Radio-Kultur ist out, ob in der Musik oder im Hörspiel. Eine, die seit Jahren gegen die seichte Welle anschwimmt – den Nischen des Bayerischen Rundfunks sei Dank -, ist die Autorin Maria Volk. Ihren abseits eingefahrener Hörgewohnheiten angesiedelten Konstruktionen für Stimmen, Musikfetzen und Geräuschen bleibt sie auch auf STRATEN. UNTERIRDISCHER TOURISMUS treu. Thema ist eine Reise in den „heimlichsten und öffentlichsten Ort“, in das unterirdische Labyrinth eines Männerkörpers. Schritt für Schritt wird dieses „Mannmuseum“ erforscht. Was sich als dürre Beschreibung wie verquaster Kunst-Krampf anhört, bietet dem, der bereit ist, unvoreingenommen zu hören, eine spannende Exkursion zwischen Lust und Tabu, Körper und Kopf, Geschlechterkampf und Geilheit. Schicht um Schicht muß der Hörer/die Hörerin die komplexen Facetten dieses surrealuntergründigen Spektakels freilegen. Stimmen tauchen auf und verschwinden wieder hinter Klangeinwürfen zwischen Industrial und Ambient, Museumsführer-Tonfall, Erkenntnis statt Emotion, Labor statt Liebeslaube, Seziertisch statt Seidenlaken. Den Schlüssel muß jeder für sich finden, der große Lauschangriff kostet Zeit und Arbeit, aber er lohnt sich. STRATEN. UNTERIRDISCHER TOURISMUS nervt, fasziniert, stößt ab, zieht an. Wie alle große Kunst. Samuel Beckett trifft Laurie Anderson. Paßt perfekt zwischen Scott Walkers TILT und David Bowies OUTSIDE.
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