Maxis

Verlebter Zeitstil der Postmoderne: „Bela Lugosi ls Dead“ -— wird hier konstatiert. Unterkühlt bis zur Apathie produziert sich Mark Imerpial im Duett mit Karen Froehlich. Ihre Kinderstimme ist von einer unbeteiligten Schwungund Tonlosigkeit. die schon wieder Format hat; dazu stereotype französische Sprechblasen im O8/15-Tcxt. „J’adore Danser“ (D.J. International Rccords) ist so hypercool, daß der eiskalte Engel seine schwarzgerandete Brille zum Tanze aufbehalten kann. (4)

Der gesamten Synthi-Depeche-Mode-Kultur geht offensichtlich etwas der kreative Schub aus. Man handhabt den Synthi wie The Shadows die E-Gitarren, einförmig und rückständig. Ein „Hendrix des Synthesizers“, meint Peter Wylie, steht noch aus. Also gehen er und seine „Oedipus Wrecks“ einen Schritt zurück und mobilisieren für den Maxi-Cut „Sinful!“ (Eternal) vor allem ein dichtes Ethno-Percussionsaufgebot und wavebelassene Gitarrenriffs. Seine brennende Vortragsweise hat Berührungspunkte mit Stan Ridgway. (4)

„Set Fire To Me“ (A&M)’heißt das neue 12-inch-Werk des Salsa-Tausendsassas Willie Colon. Als gelegentlicher Kompagnon Rüben Blades‘ gehört er zur Fania Allstars Familie. Der Posaunist, Orchesterleiter, Produzent und Tito Rodriguez-Fan machte in den 60ern mit „El Malo“ von sich reden, einer Oppositionshymne, die ihm auf den Fuß folgend den gleichen Beinamen („El Malo“) eintrug.

Hier also nun der brandneue Fieberausbruch Colons. Eine Kine-Size Produktion, die durch Verzahnung fröhlicher und schwermütiger Stilbaustoffe besticht, beherrscht, betört. Die brennenden Taktfolgen kühlt ein sonor-elegischer Synthi-Teppich; die knöchelverstauchenden Salsa-Schläge lindert die modulationsarme Stimme, dazu heißblütige Frauenchöre mit souligem Tremolo, silberklare Klavierfontänen und daunenweiche Trompetenklänge -— göttlich!

Für Europas Tanzimperien der Übersee-Import schlechthin; für Mark Reilly von Matt Bianco das Neidobjekt schlechthin. Wenn sein Dance Mix von „Dancing In The Street“ (WEA) auch Pep hat, haftet dem Ganzen doch etwas verkrampfter Studioballast an. Willie Colon: (5). Matt Bianco: (3).

Für Slave sangen Starleana Young und Curt Jones vor zehn Jahren den Background-Chorus, dann suchten die beiden ihe long and winding road of independence. Anfang der 80er gab’s das erste Album und den Gruppennamen Aurra. Mitte ’86 gibt’s von dem farbigen Duo „Just A Touch Of Love“ -— ein Titel des Produzententeams Jim Randolph und Eban Kelly. Der A-seitige subtile Midnight-Mix, ein Kissenschluchzer ausgesuchter Güte, sorgt für verfrühte Abschiedsüberlegungen (zu zweien natürlich), also wenden wir das Vinyl und uns der ebensolangen Single-Version zu. Geboten wird Motown-Soul, wie er von Marvin Gaye hätte kommen können — mit eintreibendem Bogen zwischen klingenscharfem Percussion-Drive und molligen Vokalsätzen. Ein distinguierter Sommernachtstanz. (4)

Das in den 50-ern erstmalig von John Willie John gesungene „Fever“ (RCA) ist um eine Version reicher. Tausende Male gespielt und gesungen, von der Knef bis zu den Cramps, hat sich Ex-Bow Wow Wow-Sängerin Annabella (LuWin) nicht geniert, es auch mal zu probieren. Kitschig, grandoman und spaßig.

Ebenso die Neueinspielung des Shocking Blue-Top Hits „Venus“ (London Records) der Girl Group Bananarama. Das Trio wandelt das salzig-aromatische Original in eine lustige Gartenlauben-Nummer im Bangles-Format um. Beide: (3)

Und noch zweimal Neues vom Alten: Sternstündchen der 70er Ball-Pompös-Zusammenkünfte: Dan Hartmans sieben Jahre alte Disco-Serenade „Relight My Fire“ (Blue Sky): ungewohnt opulent, operettenhaft und orchestral; Jimmy Bo Hornes noch betagtere Tanzwichse „Dance Across The Floor“ plus „Is 1t In“ (Streetheat): ungewohnt simpel, soulig und souverän. Beide: (5)

An der Popmusik von Abba haben sich ja immer wieder diverse Gruppen gerne vergriffen. Auch jetzt kommt ein Song der Schweden — „Gimme Gimme Gimme“ — in einer geglückten und in einer verödeten Version daher; erstere wird von Leather Nun (Wire Recs.) angeboten (5) —- schön hart und rockig —- während sich die Elektro-Popper Erasure auf der B-Seite von „Oh L’Amour“ angestrengt bemühen, so wie das Original zu klingen (2, Intercord).