Melba Moore – Read My Lips

Der Titel legt es nahe: Kümmern wir uns zunächst um Melbas gesangliche Darbietung. Als Popsänger(-in) Operndramaturgie zu bemühen, ist ja leider seit einiger Zeit Mode, an der auch Melba Moore anscheinend nicht mehr vorbeikommt. Wo sie Ausdruck hineinlegen will, klingt das dann allerdings eher angestrengt/ artifiziell/arrangiert; besonders unangenehm ist ihr offenkundiges Unvermögen, eine Steigerung auszuführen, ohne in ein kaum erträgliches Vibrato à la Mitch Ryder zu verfallen. Wie etwa bei „Winner“, dem einzigen Stück, bei dem Paul Laurence noch Regie führen durfte; den Rest betreute fast durchgehend Keith Diamond.

Der dürfte auch dafür verantwortlich sein, daß READ MY LIPS weitgehend von marktstrategischen Erwägungen – und das heißt gegenwärtig nun mal „Rock“ – dominiert wird. Die Mischung aus Rock-Gitarre, -Harmonik/-Rhythmik und Funk-Arrangements rechtfertigt aber nur selten die Länge der Stücke.

Zugeständnis an den schwarzen Markt ist das Duett mit Lillo Thomas, der sich damit für Melbas Hilfe auf seinem „All Of You“ revanchiert. Thomas beweist, wie man Emotion gut darbietet – und gibt so eine etwas unvorteilhafte Folie für Melba ab.

Feinsinnig erspürtes Zeitzeichen oder bequeme Anbiederung an den weißen Markt – das Resultat bleibt bescheiden. Nutzt halt nichts, Garderobe und Produzenten dem jeweiligen Trend anzupassen, wenn so etwas wie Charakter, der auf der letzten, schön verhaltenen Funk-LP NEVER SAY NEVER noch spürbar war, dabei auf der Strecke bleibt.