Hardcore-Punk: Black-Flag-Gründer Keith Morris kotzt wieder im Dreieck.

In George Orwells dystopischem Meisterwerk „1984“ beschreibt der Autor ein Fernsehprogramm, das von der herrschenden Partei produziert wird. Es soll die Parteimitglieder dazu bringen, ihre unterdrückten Ängste auf den Feind auf dem Bildschirm zu projizieren, und sie damit gefügiger machen. Die Sendung hieß „2-Minuten-Hass“.

OFF!, das 2012er-Debütalbum der gleichnamigen Hardcore-Band, war eine Art „15-Minuten-Hass“: ein neurotischer, enorm unterhaltsamer Rundumschlag gegen die Ex-Black-Flag-Kollegen von Sänger Keith Morris, gegen die US-Regierung, sogar gegen den Hörer. Auf WASTED YEARS wütet Morris immer noch gegen alles, was nicht bei drei aufm Baum ist, aber die Wirkung des atemlosen Punkrock seiner Band hat an Intensität verloren.

Den musikalischen Ansatz kennt man vom ersten Off!-Album und von der allerersten Black-Flag-EP NERVOUS BREAKDOWN (1978): frenetisch geschrammelte, verzerrte Barré-Akkorde, ein geshouteter Refrain, und schon zählt die Hi-Hat die nächste Attacke ein. Interessanter wird es, wenn Gitarrist Dimitri Coats den Raum bekommt, um ein groovigeres Black-Sabbath- oder QOTSA-Riff einzustreuen, bevor die Rhythmusgruppe weiterknüppelt.

Die Songs wurden im Eiltempo geschrieben und größtenteils in einem Take hingerotzt. Leider klingen sie auch oft so, obwohl es mit „Hypnotized“ und „It Didn’t Matter To Me“ auch ausformuliertere Songs gibt, die ein bisschen mehr grooven. Alterserscheinungen oder erste Hinweise auf eine neue Richtung? Wer weiß. Dass WASTED YEARS der letzte Wutausbruch von Off! war, ist aber unwahrscheinlich. Schließlich sang Morris schon 2010: „I’m not done.“