Olivia Tremor Control – Black Foilage

Man muß nicht unbedingt melancholischen Gitarrenrock machen, wenn man aus Athens, Georgia, stammt. Man muß aber auch nicht unbedingt Blur heißen, um die wunderschönsten Pop-Songs zu dekonstruieren/strapazieren/malträtieren. Das können auch Olivia Tremor Control. Die Band aus der R.E.M.-Heimatstadt fabriziert die wohl abenteuerlichste Musik, die es gerade noch so duldet, unter dem Begriff „Pop“ an die Öffentlichkeit gezerrt zu werden. BLACK FOILAGE, das zweite Album – nach MUSIC FROM THE UNREALIZED FILM SCRIPT: DUSK AT CUBIST CASTLE – ist ein Film für die Ohren. Hier passiert in 74 Minuten mehr als – hinken wir mal vergleichend – im Gesamtwerk von Oasis. Obwohl, so sehr hinkt der Vergleich nun auch wieder nicht: Denn die Gebrüder Gallagher wollen den schönsten Popsong der Welt schreiben und können nicht, Olivia Tremor Control könnten, aber wollen nicht. Die Musiker erzeugen Kinks-Beatles-Small-Faces-Beach-Boys-Wohlklang, um diesen dann – gleichsam als musikalischer Coitus interruptus – von Dissonanzen zerfetzen, von abrupten Tempowechseln zerstören, von Kirmesmusik ad absurdum führen oder in Nichts auflösen zu lassen. Diese Platte ist Beach Boys-Harmoniegesang, Byrds-Gitarren, Theremin-Gewimmer, Soul-Gebläse, Free-Jazz-Saxophone, Psychedelia, Ambient, Zappaeskes – und möglichst alles gleichzeitig. Groß, ganz groß.