Pet Shop Boys – Nightlife :: Luxuriös

Gut und gerne 15 Jahren sind die beiden Briten nun schon im Geschäft, sehr gut sogar und bestimmt auch gerne. Nicht nur, daß die Pet Shop Boys als künstlerisches Projekt und gewinnorientiertes Unternehmen die 80er Jahre überlebt haben – auch deren momentanes morbides Revival werden sie aus purer Relevanz und Bösartigkeit überleben. Denn nicht einmal heute, wo allerlei Untote der vergangenen Dekade gute Miene zum ironischen Spiel machen, schenken uns Neil Tennant und Chris Löwe ein Lächeln. Kein Lächeln, von keiner Platte, keiner Bühne, keinem Bildschirm. Wer sich mit der Konjunktur der Ironie in unseren Zeiten auseinandersetzt, kommt an den Pet Shop Boys nicht vorbei: sie sind deren popkulturelle Personifikationen. Wie sie es hinbekommen, ihre uniformen Hymnen in den absurdesten Kostümen mit gravitätischem Ernst zum Vortrag zu bringen, das hat schon was. Mit Modern Talking teilen die Pet Shop Boys ja die Liebe zu simpel gestrickten Melodien und stringentem Rhythmus. Doch wenn Neil Tennant nur für einen Moment Dieter Bohlens Lachmaske aufsetzte, die feine Grenze zwischen Künstlichkeit und Verschlagenheit überschreitend – das ganze bonbonbunte Truggebilde würde einstürzen. So aber entfaltet es sich in seiner ganzen vergänglichen Pracht, dieses schöne neue Album mit dem bezeichnenden Titel NIGHTLIFE. Und da schickt uns schon der Operier mit flipperndern Sequenzer-Beats auf den Dancefloor („For Your Own Good“), werden lakonische Technomuster aufgegriffen („The Only One“) und selbst die extrem heterosexuell besetzte Ikonophonie des HipHop noch in eine fröhliche Gay-Botschaft verwandelt: „Happiness Is An Option“. Nicht nur bekennend synthetisch, sondern auch betont artifiziell führen die beiden Dandys schwülstige Chöre, schmeichelnde Streicher und schwebende Keyboardschleier aufs theatralische Schlachtfeld der Nacht, alles Flitter und Glam, und unter der Schminke lauert Schwermut. Natürlich darf dann auch mal Kylie Minogue ans Mikro, der wir gerne einmal nachts begegnen würden („In Denial“). Mit „New York City Boy“, neckisch eng um „YMCA“ herumkomponiert, erweisen die Pet Shop Boys den Village People ihre Reverenz. Zu NIGHTLIFE läßt es sich prima abzappeln, und im Zustand leichter Trunkenheit kann man sich auch dieser unverschämt eingängigen Harmonien nicht mehr erwehren, mit denen die Platte bis zur Halskrause zugekleistert ist: „Es geht nicht darum, sich zu besaufen!“, erwidert Chris Löwe, „es ist Kunst“. Und Kunst ist Luxus. Weilte Oscar Wilde noch unter uns, die Pet Shop Boys wären seine Lieblingsband.