Peter Bardens – The Answer
Für Leute, die ihn kennen, und das sind nicht allzu viel, ist er ein hervorragender Künstler, sowohl am Piano als auch an der Orgel. Es gibt keinen unmittelbaren Vergleich mit ihm. Und das ist auch gut so. Denn seine Musik hat die Eigenständigkeit, die ich bei manchen Produktionen so schmerzlich vermisse. Er entfernt sich mit seinen acht Session-Musikern weitgehend von klischierten Klangbildern, stellt sich und seine Musik immer wieder in Frage. Blues ist sein Element, obwohl es manchmal gar nicht den Anschein hat. Deshalb ist auch „The Answer“, wie die Platte heisst, nicht nur die Antwort, sondern auch gleichzeitig eine Frage. – Ebenso wie jede Ursache ihre Wirkung hat. „The answer“, Titelsong auf Seite 1 macht einen schon zu Beginn der Platte mit dieser Dialektik vertraut. Es sind barocke Figuren, die Peter Bardens auf dem Piano modelliert und die von Andy Gee und seiner Gitarre mit üppigem Schnitzwerk versehen werden. Das barocke Thema löst sich auf, um einem melodischen Rock zu weichen. Die anfängliche Antwort wandelt sich zu einer Frage. Man kann es bei jedem Titel verfolgen. Auch Stück zwei „don’t goof with a spook“, ein Blues auf Frage und Antwort basierend, nimmt diese Anfangsthematik wieder auf und interpretiert sie zu diesem Zweck fast vollkommen. Ganz langsam und klassisch steigert sich Andy Gee in dieses Stück hinein. Peter Bardens Stimme ist schmutzig und agressiv, ein klein wenig Mick Jagger. Er kann sich jedoch nicht von dem stimmlichen Zwang freimachen, erst seine Orgel schafft es, sich loszulösen von diesem Thema. Rocky, der Conga spielt, steuert zu diesem Stück ein herrliches, aber eigentlich bluesfremdes Klangbild hinzu. Mit dem letzten Stück auf Seite 1 „I can’t remember“, Dauer fast 11 Minuten, breiten Andy Gee, Peter Bardens,Reg Isodore, Drums, Bruce Thomas, Bass und Rocky, Conga, unterstützt von einem fünf Mann starken Chorälen Gesang ihre musikalische Präsenz aus. Es ist Blues, stoned, der zum mitsingen und swingen animiert. Rocky’s Congas integrieren sich so, dass sie nicht dominieren, sondern als Klangbild dazu gehören. Das Stück ist herrlich lustig und unkompliziert. Die Grundmelodie wird immer wieder durch exzellente Solis angereichert, die den herkömmlichen Rahmen sprengen. Bruce Thomas hat mit seinem Bass einen schweren Stand. Er tritt fast gar nicht in Erscheinung. Der musikalische Rausch verflüchtigt sich und man kehrt von einem Trip zurück. Das Ganze ist ein Happening. Man bestätigt es zum Schluss selber. Auf Seite 2 bekommt man zu dieser Platte eine ganz andere Beziehung. Waren es auf Seite 1 noch auffällige Orgelsolis, so sind es diesmal ausgefallene Pianosolis. Auf dem ersten Stück spielt David Wooley ein konzertantes Flötensolo, wie ich es lange nicht mehr gehört habe. Die Flöte füllt das ganze Stück aus, wodurch es aber keinesfalls überladen wirkt. Fast 14 Minuten dauert das letzte Stück „homage to the god of light“ ist der gekonnteste Abschluss einer LP überhaupt. 14 Minuten wird drauflos improvisiert, jedoch verliert man nie den Faden untereinander. Die meiste Arbeit leisten mal wieder Peter Bardens, der auch die ganzen Arrangements geschrieben hat, und Andy Gee. Reg Isodore fährt sein Schlagzeug mit D-Zug-Geschwindigkeit, wobei Rocky seinen Teil unauffällig aber unüberhörbar hinzusteuert. Der Zug ist nicht zu bremsen. 14 Minuten überfährt er sämtliche Haltesignale und ist auch mit anderen Mitteln nicht anzuhalten. Er schiesst über sein Ziel hinaus und verliert sich in der Ferne. Eine Produktion, bei der einem die Spucke wegbleibt. Bliebe noch abzuwarten, wann die nächste erscheint.
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