Rod Stewart, Dortmund, Westfalenhalle
Es ist mal wieder soweit, Rodney hat ein neues Album, also macht er sich auf die beschwerliche Reise, um auch auf dem alten Kontinent persönlich damit vorstellig zu werden.
Experimente irgendwelcher Art sind dabei logischerweise nicht gefragt. Nachdem schon als Aufwärmer Jeff Lynns gesundgeschrumpftes Elektrisches Lichtorchester mit einer „Greatest Hits“-Schau aus längst vergangnen Tagen reüssierte, greift auch Herr Stewart als professioneller Unterhaltungskünstler auf ein Repertoire mit Volkslied-Charakter zurück.
Start mit „Tonight I’m Yours“. Na ja, zumindest für knapp kalkulierte 90 Minuten. Gleich im Anschluß zeigt uns der lederbehoste Parade-Schotte seine hinlänglich bekannten „Hot Legs“, die — mit einer saftigen Dreier-Gitarrensturmspitze — in der Tat zu stürmischen Beifallskundgebungen Anlaß geben.
„Tonight’s The Night“, meint er dann, und singt inbrünstig von der großen „Passion“. Erstaunlich, daß trotz aller Leidenschaft die Fönfrisur stets in formidabler Form bleibt. Bei genauerem Hinsehen bemerkt der aufmerksame Zuseher allerdings die geschickten Griffe, mit der unser Künstler bei jeder Verbeugung sein Haupthaar ordnet. Als dann durch massives Transpirieren der letzte Halt entschwindet, schnippt Herr Stewart unauffällig mit dem Finger — und ein flinker Domestik eilt mit einem Borsalino-Hut herbei. Slave to the Fönschaum…
„Some Guys Have All The Luck“, „I Don’t Wanna Talk About“ -— ein Gassenhauer reiht sich an den nächsten. Während die neunköpfige Band (inclusive Blechgebläse) in ein Rhythm „n“ Blues-Thema einsteigt, geht Mister Stewart ab, um drei Minuten später — frischgefönt! — mit den „Young Turks“, „Infantuation“ und dem klassischen Otis Redding-Hit „Sittin‘ On The Dock Of The Bay“ weiterzumachen.
Doch es gibt auch Pflichten zu erfüllen: Und so bringt Stewart unter Hinweis auf den Aufwärts-Trend in den Charts nun „Every Beat Of My Heart“, den zweiten programmierten Hit aus dem aktuellen Album LOVE TOUCH. Dann wieder Altbekanntes: „Do Ya Think I’m Sexy“.
Schweißfördernde Tanzschritte machen einen weiteren Abgang des Meisters notwendig, der nun zuerst den Bassisten und dann den Schlagzeuger solo zeigen läßt, was man in langen Jahren des Söldnertums an Amerikas Westküste so lernt.
Mit blauem Seiden-Anzug, dunklem, Sonnenbrillen und streng mit Gel nach hinten gekämmtem Haupthaar gibt sich Herr Stewart nun vollends als gelackter Geck. Der Titelsong seines neuen Albums, „Maggie May“ und „Baby Jane“ steuern zielstrebig und unmißverständlich auf den Schlußpunkt zu.
Keine Frage: Der Mann hat nichts von seinem schnoddrigen Charme verloren. Lind wenn da zuweilen auch der neureiche Beverly Hills-Geldadel durchschimmert, so tut das seinem erdigen Roots-Image keinen Abbruch. Im Gegenteil! Nach dem Motto: Seht her. ich bin reich und trotzdem einer von Euch, weil ich mich immer schon für die essentiellen Dinge des Lebens interessiert habe, nämlich Fußball, Alkohol und die Weiberleut‘.
Der Bastard bleibt sogar dann noch sympathisch, als er nach „Sailing“ ohne Zugabe und Aufwiedersehen einfach das Weite sucht. Aber wer mit annähernd 42 Jahren auf dem Buckel noch immer einen derart knackigen Arsch in die Lederhose zwängt -— einem solchen Lausbuben verzeiht man vieles…
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