Rufus Wainwright :: Rufus does Judy at Carnegie Hall
Das Original bleibt unerreicht: Für seine Judy-Garland-Hommage zelebriert Rufus Wainwright die große amerikanische Kunstform des 20. Jahrhunderts, das Songwritertum.
Man muss nicht gleich unterstellen, Rufus Wainwnght strebe mit seiner Hommage an Judy Garlands legendäres 1961er Konzert in der New Yorker Carnegie Hall eine Wiedergeburt als eben jene an, wie das jüngst in der „taz“ geschehen ist -bislang ist der Mann durch alle möglichen Dinge aufgefallen, ein übertriebener Minderwertigkeitskomplex respektive der Wunsch, in jemandes anderen Haut zu stecken,gehörten nicht dazu. Einstweilen fühlt sich Rufus sichtlich wohl als Rufus. Trotzdem spürt er wohl eine Seelenverwandtschaft mit der gestrauchelten Diva, deren Ursprünge weit über die Bewunderung Garlands als Schwulenikone hinausgehen: meiner anderen Zeit an einem anderen Ort versuchte Wainwrights Mutter Kate McGarrigle den jungen Rufus für den Folk zu gewinnen. Was kräftig misslang: Der Bub konnte sich kaum begeistern für die spröden Banjoklänge seiner Mutter. Bis sich diese ans Klavier setzte und die alten Songs spielte, die ihr Vater, Loudon Wainwright II., ihr immer vorgesungen hatte. Da kam der kleine Rufus herangewackelt, und das Eis war gebrochen. Insbesondere ein Lied hatte es ihm angetan: „Over The Rainbow“,jener Jahrhundertsong aus „The Wizard Of Oz“, der bislang von fragwürdigen Coverversionen (Marusha!) bis zu einer Instrumentalisierung als Schwulenhymne oder Lieblingslied amerikanischer Frontsoldaten noch so ziemlich jede Vereinnahmung schadlos überstanden hat. So weit die Legende, die insofern belegt ist, als dass McGarrigle sie selbst fürs Programmheft der Garland-Shows ihres Sohnes aufgeschrieben hat. Und dann gibt es noch ein Foto im Album-Booklet, das tatsächlich Wainwrights Großeltern beim 1961er Originalkonzert zeigt. Auf dem Balkon, direkt über dem Kopf der Garland. Wenn Rufus nun über 30 Jahre später, nach einem Duett mit Schwester Martha für „Stormy Weather“, seine Mutter auf die Bühne bittet, schließt sich also ein Kreis. Und inzwischen darf sie sogar ihr Banjo mitbringen. Eine Wainwrights Ambitionen legitimierende große amerikanische Geschichte mit eingebauter Gänsehautgarantie, ebenso wie die Songs des Abends selbst. Singen darf er diese Lieder sowieso. Das darf im Prinzip jeder, schließlich sind sie kulturelles Allgemeingut. Aber warum die Nacht aller Nächte eins zu eins kopieren? Hier scheint der typische Wainwright’sche Größenwahn durch, dereinem den Mann insbesondere in letzter Zeit durchaus unsympathisch machen kann. Auch wenn die Aufnahmen ohne bewegte Bilder nicht ganz so selbstverliebt daherkommen wie auf der begleitenden DVD. Zweifellos ein großer Showmann, muss Wainwright im direkten Vergleich mit Judy Garland scheitern. Und so ist es ein bisschen wie damals, als Robbie swingte. Was ja auch gut war, aber eben nicht Sinatra.
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