Sheryl Crow :: Album des Monats: Tuesday Night Music Club

Reifezeugnis - Elf Songjuwelen aus einem amerikanischen Heimstudio

Eine Platte, die den Zuhörer vom ersten Moment an gefangennimmt. Das Debütalbum der Amerikanerin Sheryl Crow erinnert mehr als einmal an die besten Momente von Rickie Lee Jones. Mit ihrer wandlungsfähigen Stimme erlählt Crow — mal kraftvoll fordernd, mal mit verletzlichem Unterton — Kurzgeschichten aus dem amerikanischen Alltag. Mit ausgeprägter Beobachtungsgabe schildert sie gefühlsbetonte Romanzen und traurige Geschichten von ewigen Verlierern. Ihre Ironie wirkt dabei nicht verletzend, ihre Offenheit nicht sentimental.

Dafür sorgt neben stets passenden Worten auch Crows kunstvoller Umgang mit verschiedenen Musikstilen. Ohne den roten Faden zu verlieren, der sich durch das gesamte Album zieht, pendelt die ehemalige Musiklehrerin aus Missouri mutig zwischen leicht jazzigem Folk, geschmackvollen Blue Notes, verhaltenem Funk, klassisch rauhem Rock und exquisitem Mainstream — alles auf den Punkt produziert, nichts glottgebürstet oder mit steriler Studiotechnik künstlich auf Hochglanz poliert. Auf TUESDAY NIGHT MUSIC CLUB „menscheit“ die Musik. Was nicht zuletzt ein Verdienst von Produzent Billy Bortrell ist. Der erfahrene Tonmeister, der schon für Pop-Größen wie Madonna und Michael Jackson, Tom Petty und die Traveling Wilburys an den Reglern saß, arbeitete mit Sheryl Crow nicht in einem digitalen Aufnahmepalast, sondern in seinem Heimstudio in Pasadena.

In intimer Atmosphäre entstanden dort Songs, die sich vom Einerlei der üblichen High-Tech-Produktionen wohltuend abheben. Auf diese Tatsache wurde sogar die „Times“ aufmerksam, die Sheryl Crow mit folgenden Worten würdigte: „Auch wenn sie keine Scheu vor amerikanischen Rock’n’Roll-Klischees wie Jeans, Cowboystiefel, Motorrad und Bier hat, so ist sie doch ein Künstlerin, die jeden Puristen anzusprechen vermag, der den Aufstieg von japanischen Autos, MTV und Kiwis beklagt.“

Derlei Zuspruch mußte Sheryl Crow sich hart erarbeiten. Mitte der 80er schlug sie sich in Los Angeles als Kellnerin durch und nahm als Sängerin und Keyboarderin jeden Studiojob an, den sie nur bekommen konnte. Schließlich sprach sich ihr Talent herum, und sie erhielt Session- und Tourneeangebote von Don Henley bis Rod Stewart. Mit Michael Jackson absolvierte Sheryl Crow die 18monatige „Bad“-Tournee, ihre wahre Klasse aber kann sie erst jetzt zeigen -— mit dem ausgereiftesten Debütalbum seit langem.