
Mit „1000 Forms Of Fear“ haben sich die jahrelangen Mühen endlich bezahlt gemacht. Zum ersten Mal erreichte Sia Furler den Spitzenplatz der Charts in den USA und Australien. Ganz ohne Opfer ging dieser Prozess aber nicht vonstatten. Das Cover dieses Nachfolgers offenbart den Zwiespalt: Sia ist einerseits schon noch sie selbst, aber zugleich auch unter Druck stehende Lieferantin für die erfolgreichsten Kolleginnen unserer Zeit.
„Cheap Thrills“ etwa hat sie mit Rihanna im Kopf geschrieben. Das ist angesichts des Dancehall-Beats, eines ausgelassenen Kinderchors und des sehr betonten Samstagnacht-Lebensgefühls leicht nachzuvollziehen. Aber dann zeigte sich die berühmte Barbadierin wählerisch und lehnte das Angebot ab. Pech gehabt, kann man da nur sagen. Zumal es kein Einzelfall war. Die allüberall gefeierte Adele Adkins hätte „Alive“ fast genommen, entschied sich im letzten Moment aber doch anders. Dabei sind die Ähnlichkeiten zwischen 25 und THIS IS ACTING nicht zu überhören. Fast in jedem Song spürt man Sias hysterisches Bemühen, mit Material an den Start zu gehen, das sich für die großen Auftritte eignet – Halbzeitpause beim Super Bowl und aufwärts.
Diesen Ehrgeiz unterstützt sie mit dem voluminösen Stimmumfang einer Volldiva. Das ist hoffnungslos übertrieben, wenn es wie in der Ballade „Space Between“ in katastrophale Krächzlaute ausartet. Oder wenn in „Sweet Design“ zu große Nähe zu Beyoncé entsteht. Diese Tortur hat die Frau aus Adelaide nicht nötig. Sie sollte sich auf ihre eigenen Stärken besinnen.
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