Starsailor :: Köln, Live Music Hall

Ein Mann, eine Gitarre, eine stimme. Und was für eine. James Walsh, sympathische Nicht-Frisur, angedeuteter Popo-Scheitel und nicht unbedingt ein Typ, auf den die Frauen schreiend zurennen, steht allein auf der Bühne, begleitet sich mit der Akustischen und tut das, was ein Sänger tun muss: singen. Bedrückend emotional. Intensiv durchdringend. Und mit einer derart leidenschaftlichen Wucht, dass garantiert auch große Steine weich werden.“Coming Down“ heißt der Song in der Mitte des Sets, später lässt der junge Mann noch Elton Johns „Rocket Man“ steigen und baut Textzeilen von Dylan ein. Groß ist das und wirkt erstaunlich routiniert. James Walsh ist der Sänger von Starsailor. Von der Band also, bei der die englische Musikpresse das übliche Geklingel rund um Newcomer noch einmal potenziert hat. Titelgeschichten nach der ersten Single und lange vor dem ersten Album, Lobpreisungen in Hülle und Fülle. Klar, dass sich solcherlei Bohei auszahlt: Die übliche Ochsentour müssen Starsailor nicht absolvieren, sie sind mit Anfang 20 auch so da eingezogen, wo der Erfolg wohnt. Der übliche Hype von der Insel, der vor lauter Kraft kaum laufen kann, sind die vier Engländer trotzdem nicht. Denn „Love Is Here“, das Debüt-Album, ist eine schöne Platte, auf der klassisches Songwriting und die aufwühlende Stimme von James Walsh eine wunderbare Allianz eingehen. Im Live-Format ist das nicht anders: Keyboarder Barry Westhead hupt bluesige Momente in die Songs und sorgt so dafür, dass sich die Arrangements nicht ausschließlich auf dem Gitarrenspiel von Walsh ausruhen, und der Sänger selbst pendelt mit seiner Stimme zwischen den tieftraurigen Abgründen eines Nick Drake, dem Melancholie-Meer von Tim und Jeff Buckley und dem zarten Pathos Neil Youngs. Bestechend, mit welch chromalinem Glanz Walsh „Fever“ intoniert, fein zu hören, wie er in „Poor Misguided Fool“ Narr und Publikum mit seiner Stimme simultan umarmt und Absolution spendiert; bei Starsailor werden hymnische Lobhudeleien von außen und Hymnen von innen eins. Das ist eine tolle Sache, soll aber keineswegs darüber hinwegtäuschen, dass Walsh mit seinem besten Organ auch gehörig nerven kann. Bei „Lullaby“ schwappt das Theatralik-Fass tüchtig über, und bei der aktuellen Single „Alcoholic“ läuft auch der Text schwer aus dem Ruder. „Don’t you know you got your daddy’s eyes/And your daddy was an alcoholic“, schmachtet Walsh da, durchgehend klebrig, durchgehend gut gemeint. Aber Schwamm drüber: Das muss die Jugend sein, das verwächst sich. Im normalen Leben schneller als man denkt, und auf der Bühne sind die juvenilen Ausrutscher noch fixer weggespielt. Als Zugabe liefern Starsailor „Tie Up My Hands“. Bei dem Song haken sich Pop-Appeal und fürsorglich geerdeter Blues beherzt ein, die Band rockt, und über allem thront emphatisch die Stimme von James Walsh. Die Welt ist nicht gerecht, der Hype um diese Band schon.

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