Steely Dan – Aja

Die Beatles haben nie eine völlig neue Musik in die Welt gesetzt. Weit hinaus über alle anderen Bands der sechziger Jahre hob sie vielmehr die Souveränität, mit der sie eine Vielzahl von Rockstilen und von angrenzenden Musikbereichen nahtlos zu einem originellen Sound verschmolzen. Bislang gibt es nur eine einzige Rockgruppe, die in den siebziger Jahren eine vergleichbare Meisterleistung vollbracht hat: Steely Dan. Donald Fagen und Walter Becker, Kopf und Kern dieser amerikanischen Gruppe, sind zwar keine Idole wie einst George, John, Paul & Ringo. Aber sie sind ebensolche künstlerischen Genies wie vor einem Jahrzehnt Lennon & Mc Cartney.

„Aja“ ist das sechste Steely Dan-Album und sollte genau wie seine fünf Vorgänger in keiner größerenPlattensammlung fehlen. Wer harten, saftigen Rock liebt, wird mit dieser LP anfangs vielleicht gar nichts anfangen können – sie ist sicherlich die unzugänglichste aller Steely Dan-Platten. Ihre Schönheit, ihre Vielfalt und ihre enorme Vielschichtigkeit offenbart sie erst, wenn man sie einige Male konzentriert gehört hat. Wer es jedoch am Ende schafft, ganz in das Klanguniversum von Becker & Fagen einzudringen, wird „Aja“ sicherlich atemberaubend gut finden.

Die sieben Stücke des Albums sind sehr jazzig ausgefallen. Weiter denn je stieß die Band auf Wegen vor, die aus der vertrauten Rocklandschaft herausführen. Äußerst komplizierte Harmoniefolgen, ungewöhnliche Melodieführungen, schwierige Taktarten und ebenso komplexe wie großartige Arrangements bestimmen das Bild. Eingeschliffene Hörgewohnheiten werden“ ständig in Frage gestellt: Becker und Fagen setzten zwar immer wieder prägnante, eingängige Themen wie Leuchtfeuer in den Raum, führen sie dann aber stets in einer Weise weiter, die völlig von den von Klischees durchtränkten Vorstellungen des Zuhörers abweicht.

Produktionstechnische Perfektion und der gekonnte Umgang mit dem elektronischen Repertoire eines gut ausgestatteten Studios ist gleichfalls typisch für „Aja“. Dennoch rutscht die Musik von Steely Dan nicht in den Bereich steriler Kunstfertigkeit ab. Sie besitzt emotionale Glut – nicht soviel wie die Songs eines Bob Seger, aber immer noch zehnmal soviel wie all die jüngsten Stücke der Eagles oder von Fleetwood Mac. Produziert hat „Aja“ wieder Gary Katz, der auch bei allen früheren Steely Dan-LPs mitmischte; zur Band selbst gehörten bei den Aufnahmen neben Becker & Fagen wieder Drummer Jen Porcaro und Bassist Chuck Rainey und eine Reihe hervorragender Sessionmusiker.