Ströer Bros., München, Alabamahalle

Nichts kann böser ins Auge gehen als Performance-Rock. Mit Schaudern erinnere ich mich an langhaarige Vollbart-Gitarristen, die sich mit krummen Beinen an Modern Dance-Schritten versuchten.

Aber wir leben ja im Zeitalter der Profis. Wenn es sich die Ströer-Brüder in den Kopf gesetzt haben, ihre Hirnfilm-Musik auf der Bühne mit zwei Performern zu visualisieren, bleiben uns körperbehinderte Peinlichkeiten aller Art erspart. Daß das Konzept vom tanzenden Musiker nicht funktioniert, war klar; tanzende Sänger zu finden, ist immer noch schwer genug. Mit Howard Fine und Sissy Perlinger haben sie zwei vollprofessionelle Akteure gefunden, denen man anmerkt, daß sie multimedial ausgebildet sind. Die an den Kopf geschnallten Helikopter-Mikrophone hatte man schon nach fünf Minuten vergessen. Damit war die Illusion vom Film perfekt, denn Fine und Perlinger konnten ihren Gesang nahtlos in die Bewegung integrieren.

Die Ströer-Brüder Ernst und Hans vermittelten schon immer Atmosphären, die sie inzwischen durch Schnitte auf rasantes Video-Tempo beschleunigt haben. Fast collagenartig verbinden sie Stilfragmente und blitzartige Einfälle zu einer vielschichtigen Einheit. New Yorker Avantgarde-Funk schimmert durch, Computerbeat vermischt sich mit afrikanischem Percussion-Groove, 70er Jazzrock klingt an, mündet in ethnischen Zitaten aus aller Herren Länder, aufgefrischt durch Be Bop-Läufe von Saxophonist Franko Loef und soulige Keyboard-Riffs von Tom Hiltner.

Nur manchmal, wenn Howard Fine auf seine Philosophie abhebt und die Band Erinnerungen an (immerhin legendäre) Guru Gum-Konzerte wachruft, merkt man, daß die Ströers musikalisch in den 70ern groß geworden sind. Zum Glück haben sie sich vom kleinbürgerlichen Jazzrock ihres Gönners Volker Kriegel und vom Krautfunk ihrer ersten Soloprojekte weit entfernt. Die Brüder bilden eine zeitgemäß und kompakt treibende Rhythmusfront, die intelligent und differenziert nach vorne schiebt (ein deutsches Pendant zu Sly & Robbie). Der verlebte Herr mit dem großen Hut in der hintersten Reihe war übrigens Herr Lindenberg. Udo hat die beiden als Co-Produzenten angeheuert.