Tarwater – The Needle Was Traveling
Man kann mit Fug und Recht behaupten, daß seit mindestens vier Jahren keine wirklich neue Popmusik gemacht wird. Das hat jetzt mal nichts mit der Krise der Plattenindustrie zu tun oder damit, daß Robbie Williams tief im Herzen doch ein netter, alter Mann ist. Es ist eben so. Beim fünften Album von Tarwater [dem ersten für das Morr-Label] darf das ruhig zur Sprache kommen. Da liegt was in der Luft, das noch keine Bezeichnung hat. Ein großes Ganzes, in dem Mitschnipp-Beats, Blues-Gitarren, J.J. Cales Ausgeschlafenheit und Landschaftsmusik mit gleichem Recht vorkommen. Das alleine wäre nicht mal den halben Jubel wert, aber es gibt eine Art, das miteinander zu verweben, die zu einem akustisch-elektronischen Reichtum führt – bei gleichbleibend hoher Melodiedichte. Ronald Lippok und Bernd Jestram haben bislang vier schöne Alben gemacht, minimalistische Teilchenarbeiten, Electronica-Erkundungen, oft hermetisch und der Stilte vor dem Theater geschuldet, das die Gefühle noch erzählt. Das war Track-Musik. Auf DWELLERS ON THE THRESHOLD [2OO3] dann eine Hinwendung zum Song. Man musterte Tarwater mit den Worten: Am Ende kommen sie doch alle zu klassischen Strukturen zurück. Schönsein ist eine Sache, der Schönheit eine Linie, ein Design zu verpassen, ist besser. THE NEEDLE WAS TRAVELING ist hörbar weit gedacht, will dem Pop einen Puls geben, erzählen und sich wundern. Hatten wir letztens beim Kollegengespräch: Neue Musik äußert sich doch mit Fragezeichen [sind Dogs Die In Hot Cars nun unerträglich oder genial?]. Nein, auch das ist noch nicht ganz die neue Popmusik. Aber es macht mehr Hoffnung darauf als 99 Prozent aller aktuellen deutschen Platten.
VÖ: 14.3.
www.tarwater.de
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