The Divine Comedy

Regeneration

Pop: Grübelnder Denker statt Parade-Dandy: Die Verwandlung des Neil Hannon.

Der Ire Neil Hannon hat sich vom Parade-Dandy zum zweifelnden Denker entwickelt. Hannon galt ja als Oscar Wilde der britischen Musikszene: kühler Blick, feiner Zwirn und große Gesten. Vor allem das Divine Comedy-Album CASANOVA (1996), ein Konzeptwerk über das Laster Liebe, war eine perfekte Inszenierung von Hannon als exzentrischer Sonderling. Fünf Jahre später nun kommt die äußere und innere Wandlung: Die gegelten Haare sind einem unfrisierten Bob gewichen, an der Stelle des Sakkos sitzt eine Jeansjacke, und statt von seinen Träumen zu erzählen, beschäftigt sich Hannon auf REGENERATION mit den Problemen des Alltags. Resignation statt Regeneration? Naja, Hannon ist im vergangenen Jahr 30 geworden, und Dandys können Alter nur schwer ertragen. In imperativen Zeilen wie „Don’t be a slave to the beauty regime“ („The Beauty Regime“) spricht einer, der sich früher selbst stundenlang im Spiegel betrachtet hat und jetzt Modezeitschriften für die Degeneration der Menschen verantwortlich macht. Hannon erzählt zwar von „new forms“, die er für sein neues Leben entdeckt hat, doch richtig glücklich klingt er dabei nicht unbedingt. Als Produzent hatte Nigel Godrich seine Finger im Spiel, der für Radioheads OK COMPUTER verantwortlich war. Dafür ist Regeneration zwar relativ unspektakulär ausgefallen (versierte Singer-Songwriter-Schule mit verspielten, bluesigen Elementen),doch der Touch zum Dramatisch-Schwermütigen dürfte auf Godrichs Konto gehen. Regeneration ist um Meilen düsterer ausgefallen als die typisch ironischen Divine Comedy-Songs zu Zeiten von SOMETHING FOR THE WEEKEND; teilweise sind sogar Paul Wellersche Züge herauszuhören, wie etwa in „Note To Seif“. Die Botschaft dieses Albums: „You don’t need an indie song to figure out what’s going on“ („Mastermind“). Die Zeiten, in denen The Divine Comedy für einen abgehobenen Lebenstraum standen, sind Vergangenheit. Da hat einer mit 30 erkannt, dass es sowas wie Realität gibt.

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